Warum das Wasser im Kreis Vechta ein Management braucht
Das kostbare Gut wird knapp in der Region. Das ist eine Folge des Klimawandels, aber auch des steigenden Bedarfs. Im "Netzwerk Wasser 2.0" hat der Dialog zum Thema begonnen.
Durch die Luft geschossen: Solche Wasserkanonen auf Feldern gehören noch zum typischen Bild in den Sommermonaten. Foto: dpa / Hollemann
Ob Landwirtschaft, Industrie oder private Haushalte – alle brauchen Wasser. Doch das kostbare Gut droht knapp zu werden in Niedersachsen. Die Grundwasserstände sinken an vielen Orten – infolge des Klimawandels.
Es regnet immer weniger, zudem verteilen sich die Niederschläge anders als zuvor übers Jahr. Sie können – nach großer Trockenheit im Sommer – im Winter in großen Mengen herabfallen, füllen aber längst nicht die natürlichen Reservoirs im Boden bis zum alten Pegelstand wieder auf. Das verhindern zudem Abflüsse des Regens durch zunehmende Flächenversiegelung und Verdunstung.
Wie ernst die Lage werden kann, zeigte sich auch im Landkreis Vechta Ende Juni 2020. Der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) stellte fest: „Extrem niedrige Grundwasserstände sind insbesondere in (...) Damme und Visbek zu verzeichnen.“ Die Kreisverwaltung reagierte, sie verbot über Wochen die Bewässerung mit sogenannten Beregnungskanonen und Rasensprengern zwischen 12 und 18 Uhr.
Möglichkeiten der Kooperation bei der Grundwassernutzung wurden erkundet
Der Landkreis Vechta ist zugleich eine der Regionen, die sich wappnen, auf die neue Situation einstellen wollen. So schloss sich die Verwaltung bereits 2019 dem „Netzwerk Wasser 2.0“ an. Das mit Bundesmitteln geförderte Projekt, an dem auch die Landkreise Oldenburg und Gifhorn sowie der Altmarkkreis Salzwedel beteiligt waren, hatte diese Ziele: Möglichkeiten der Zusammenarbeit bei der Grundwassernutzung verschiedener Akteure sollten erkundet werden. Zudem wurden die Beregnungsbedarfe für die Landwirtschaft ermittelt.
Neben den Verwaltungen waren auch die Landwirtschaftskammer Niedersachsen (LWK), das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG), Wasserversorger, Kreislandvolk- und Beregnungsverbände, Naturschützer und Forstämter mit dabei.
Fokus auf Vertrauensbildung und Sensibilisierung
Kooperation statt Konfrontation – so habe das Motto gelautet, wie Elisabeth Schulz von der LWK auf der öffentlichen Abschlussveranstaltung in der vergangenen Woche in der Bauerschaft Erlte betonte. Es sei um Vertrauensbildung gegangen, sagte Schulz.
Auch die Sensibilisierung für das Thema war wichtig. Das sagte der Vechtaer Landrat Tobias Gerdesmeyer. Welche Bedeutung der regionale Dialog hat, machte er mit dieser Aussage deutlich: Es sei zu erwarten, dass die Auseinandersetzungen um die zentrale Ressource Wasser zunehmen werden. Er wünscht sich eine Fortsetzung der Kooperation, auf der Grundlage von Fachlichkeit und der Bereitschaft, auch die Perspektive des anderen einzunehmen.
Der LWK-Experte Dr. Bernard Rump stellte heraus: Es gebe in der Region eine Industrie, „die sehr viel Wasser braucht“. Hinzu komme eine stark wachsende Bevölkerung. Außerdem: Wasser sei in der vor Ort stark ausgeprägten Landwirtschaft eine zentrale Ressource. In der Vegetationsperiode im Sommer falle aber immer weniger Niederschlag, zugleich gebe es Starkregenereignisse.
Auskunft zur Lage: (von links) Dr. Bernard Rump (Landwirtschaftskammer), Elisabeth Schulz (Landwirtschaftskammer), Christina Scharun (Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie), der Vechtaer Landrat Tobias Gerdesmeyer, Kira Peters (Landkreis Vechta) und Uwe Döllmeyer (Landkreis Oldenburg). Foto: Tzimurtas
Fazit: Ein Management des Wassers ist notwendig. Wenn es fällt, muss es gehalten werden. Und der Umgang muss sparsamer erfolgen. Etwa durch eine sogenannte Tröpfchenberegnung von Sonderkulturen durch spezielle Leitungen am Boden.
Wie sich im Zuge des Klimawandels die Beregnungsbedürftigkeit in der Landwirtschaft vor Ort entwickelt, dazu stellte Christina Scharun vom LBEG die Ergebnisse von Modellrechnungen vor. Demnach ist in naher Zukunft (bis zum Jahr 2025) eine Zunahme des Wasserbedarfs von 12 Prozent zu erwarten – sofern der Temperaturanstieg nicht ausgebremst wird. In ferner Zukunft (2071 bis 2100) liegt die Zunahme dann bei 31 Prozent.
Sinkende Grundwasserstände trotz weniger Entnahmen als erlaubt
Zum aktuellen Stand der Entnahme aus den beiden Grundwasserteilkörpern unter dem Gebiet des Landkreises referierte Kira Peters vom Umweltamt. Ihren Ausführungen zufolge gibt es Erlaubnisse zur Entnahme von 21,4 Millionen Kubikmeter im Jahr. 2020 wurden etwa 12,5 Millionen Kubikmeter entnommen, also ungefähr 60 Prozent der erlaubten Menge.
Grundlage für die Erlaubnisse ist ein Runderlass des Umweltministeriums aus dem Jahr 2015. Demnach hat jede Erlaubnis auf eine Entnahme eine Laufzeit von 20 Jahren. Festgesetzt wird die Menge zunächst für einen Zeitraum von 10 Jahren und pro Monat.
Auch dies sagte Peters: Im Nordkreis Vechta haben sich die Grundwasserstände 2021 noch nicht erholt. Und: Über die letzten sechs Jahre fehle kreisweit „mindestens eine komplette Winterneubildung“ des Grundwassers.
Einigkeit unter den Experten und Gästen gab es darin, dass die rechtliche Grundlage zur Genehmigung von Wasserentnahmen nicht den neuen Gegebenheiten Rechnung trägt, die der Klimawandel mit sich bringt.