Wann und warum Verfahren eingestellt werden
Kolumne: Recht hat, wer Recht bekommt – Ein Verfahren nach einer Schlägerei in der JVA Vechta wird eingestellt. Doch warum?
Klaus Esslinger | 05.03.2023
Kolumne: Recht hat, wer Recht bekommt – Ein Verfahren nach einer Schlägerei in der JVA Vechta wird eingestellt. Doch warum?
Klaus Esslinger | 05.03.2023
Ein Strafverfahren kann aus verschiedenen Gründen eingestellt werden. Wobei immer gleich ist: Gericht und die Staatsanwaltschaft müssen darauf einigen. Oft kommt der Vorschlag für eine Einstellung von der Verteidigung. In Betracht kommt eine Einstellung, wenn sich während des laufenden Ermittlungsverfahrens herausstellt, dass gegenüber dem zunächst Beschuldigten kein hinreichender Tatverdacht besteht. Ein hinreichender Tatverdacht wiederum ist nur gegeben, wenn eine Verurteilung durch das Gericht als wahrscheinlich anzusehen ist. Ein Beispiel: Zwei Personen, die zum Zeitpunkt der Tat eine Strafe in der Justizvollzugsanstalt (JVA) in Vechta verbüßten, waren angeklagt, einen Mithäftling körperlich verletzt zu haben. Die Ermittlungen hatten ergeben, dass eine klare Körperverletzung vorlag und das Opfer mit Fäusten im Gesicht verletzt worden war. Die Anstalt hatte wissen lassen, dass sie auf keinen Fall für eine Einstellung sei; ohne zuständig zu sein, gab die JVA also eine Meinung ab. Denn: Die Sicherheit in der Haftanstalt dürfe nicht durch eine Schlägerei infrage gestellt werden, so der Tenor. Es gab aber andere Gründe für eine Einstellung. Die Verteidiger der beiden Angeklagten waren schon angereist, um die Einstellung vorzuschlagen, das war im Vorfeld schon nicht zu überhören. Los ging das Verfahren mit der Mitteilung der Strafrichterin, dass das Opfer der Schlägerei als Zeuge nicht zu laden gewesen sei. Der Mann befinde sich in einer psychischen Behandlung in einer Einrichtung. Na ja, das war nur der Anfang. Der Verteidiger des einen Angeklagten, der aus Syrien stammt, erklärte, sein Mandant sei vom Landgericht Osnabrück zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 8 Monaten verurteilt worden. Das Urteil sei zwar noch nicht rechtskräftig, sein Mandant habe aber ein Geständnis abgelegt. Deshalb werde es wohl bei einer Bestrafung bleiben. Außerdem werde der Mann nach Marokko abgeschoben. Deshalb sei die Sache in der Haftanstalt nicht nennenswert und man könne das Verfahren einstellen. „Kinkerlitzchen“, sozusagen. Der zweite Verteidiger hatte auch gute Gründe, die hörten sich noch besser an. Sein Mandant befinde sich noch in Wolfenbüttel in Haft und habe seine Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 3 Monaten bald abgesessen. Er werde aber nicht entlassen, sondern werde auf eigenen Wunsch in seine Heimat, den Kosovo, abgeschoben. Die Folgen einer Verurteilung wegen der Vechtaer Haftgeschichte werde er in Deutschland nicht mehr mitbekommen. Der Staatsanwältin blieb nicht mehr viel übrig, als die Einstellung zu beantragen. Daran hätte sich die Strafrichterin nicht halten müssen, tat sie aber und alle waren zufrieden.Opfer der Schlägerei konnte nicht als Zeuge geladen werden
Schlägerei hat keine Folgen
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