Von Menschen, die was bewegen können
Meine Woche: Eine junge Kollegin zieht es zur Ausbildung in die weite Welt, und ein junger Landwirt klagt nicht, sondern handelt.
Klaus-Peter Lammert | 02.07.2023
Meine Woche: Eine junge Kollegin zieht es zur Ausbildung in die weite Welt, und ein junger Landwirt klagt nicht, sondern handelt.
Klaus-Peter Lammert | 02.07.2023
Eine junge, sehr sympathische Kollegin hat sich am Freitag aus dem Kreis der OM-Medien-Redaktion verabschiedet. Nach einem 2-jährigen Volontariat zieht es sie nun an eine deutsche Hochschule. Für sie selbst hoffe ich, dass sie sich an einer Universität ganz weit weg vom Oldenburger Münsterland immatrikulieren kann. Und zwar deswegen, weil meiner Ansicht nach junge Menschen zumindest einmal eine Zeit lang von ihrem Zuhause wegmüssen, um andere Menschen und Gegenden kennenzulernen. Wenn sie dann nach einiger Zeit zurückkommt, ist das natürlich höchst erfreulich und verständlich, denn das Oldenburger Münsterland gehört zu den lebenswertesten Gegenden in der Republik. Auf Anhieb fallen mir nur sehr wenige Gegenden ein, die mit unserer mithalten können. Einen kurzen Moment lang habe ich darüber nachgedacht, ob ich die junge Kollegin beneiden soll. Schließlich beginnt für sie in wenigen Wochen die wahrscheinlich im Sinne der Gestaltung und Möglichkeiten freieste Zeit ihres Lebens, gleichwohl sie natürlich in universitäre Abläufe eingebunden ist. Doch als bemoostes Haupt habe ich den Gedanken schnell wieder verworfen. Ich habe diese Zeit vor Jahrzehnten quasi bis zur Neige ausgekostet. Damit muss es dann auch gut gewesen sein. Außerdem: Auch das Alter hat viele schöne Seiten, selbst wenn junge Menschen das nicht glauben mögen. Wo ich an dieser Stelle gerade bei Menschen bin: Ich hatte diese Woche das große Vergnügen, an einer Veranstaltung in der schönen Dammer Bauerschaft Hüde teilzunehmen, bei der ein noch junger Landwirt der Corona seinen Betrieb vorstellte und sich auch zu den Perspektiven in einer für die Landwirte dank einer von wenig Fachkenntnis geprägten Politik äußerte. Wer nun erwartete, dass der Landwirt das hohe Klagelied anstimmte (Es gibt ja den Scherz, dass eine 3-monatige Ausbildung an der Klagemauer in Jerusalem fester Bestandteil der Lehre eines Landwirtes ist!), der sah sich heftig enttäuscht. Es war eine Freude, einen Mann zu hören, der trotz aller Stolpersteine auf seinem beruflichen Weg seinen Optimismus nicht verloren hat, der sich den Herausforderungen stellen und der seinen Hof weiterführen will. Und das innovativ, mit neuester Technik. Von solchen Landwirten gibt es zum Glück noch mehr, wie aufmerksame Leser von OM-Medien und OM-Online wissen. Denn es fanden sich in jüngster Zeit über zwei weitere dieser tatkräftigen Bauern Berichte. Vor allem eines lehren sie uns, und das gilt nicht nur für die Landwirtschaft und andere Branchen: Wer den Kopf in den Sand steckt, der hat schon verloren. Wer sich auf der Straße festklebt oder Gebäude mit Farbe beschmiert, bringt dieses Land nicht weiter. Weiter bringen es Menschen, die innovativ tätig sind, die Ideen haben, die nicht Probleme schaffen, sondern Probleme lösen. Dieses Land braucht dringend wieder mehr Menschen, die Arbeit nicht als Klotz am Bein, sondern als etwas Sinnstiftendes in ihrem Leben sehen, so wie der 95-jährige Dammer Günter Zerhusen, der immer noch jeden Tag in dem von ihm gegründeten Unternehmen tätig ist. Ich bin mir ziemlich sicher, und da schlage ich den Bogen zur jungen Kollegin: Sie wird, wenn sie ihre Alma mater in einigen Jahren mit dem Diplom, Magister oder gar dem Doktortitel verlassen hat, ebenfalls zu denen gehören, die nicht jammern, sondern anfassen wollen. Ich werde das dann als noch bemoosteres Haupt erfreut von der Bank auf meiner Terrasse aus verfolgen.Sollte ich die junge Kollegin etwa beneiden?
"Wer sich auf der Straße festklebt oder Gebäude mit Farbe beschmiert, bringt dieses Land nicht weiter."Klaus-Peter Lammert
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