Selbst Schneegestöber kann Renate Abeling nicht aufhalten
44 Jahre hat Renate Abeling im Vorzimmer der Gemeindedirektoren und des Bürgermeisters gesessen. Zum letzten Arbeitstag wurde sie mit einem Oldtimer abgeholt.
Thomas Vorwerk | 17.05.2022
44 Jahre hat Renate Abeling im Vorzimmer der Gemeindedirektoren und des Bürgermeisters gesessen. Zum letzten Arbeitstag wurde sie mit einem Oldtimer abgeholt.
Thomas Vorwerk | 17.05.2022
Liebt ihren Garten: Renate Abeling wird in Zukunft mehr Zeit im heimischen Grün verbringen. Foto: Vorwerk
Stilecht mit einem schwarzen Oldtimer ist Renate Abeling an ihrem letzten Arbeitstag zu Hause abgeholt worden. Für die rechte Hand von Emsteks Bürgermeister Michael Fischer schloss sich damit gewissermaßen der Kreis, denn in ihrem ersten Arbeitsjahr in der Gemeindeverwaltung wurde sie schon einmal von einem Kollegen chauffiert. Damals war es aber die Schneekatastrophe im Winter 1978/79, die sie daran hinderte, mit dem eigenen Wagen zum Rathaus zu fahren. "Werner Zatloukal, der auch Mitglied der Feuerwehr war, hat mich mit einem Jeep in Hoheging abgeholt. Die Schneeverwehungen waren aber so stark, dass wir erst um 10 Uhr angekommen sind. Heute hätte man wohl Homeoffice gemacht", erinnert sich die 64-Jährige. 20 Jahre alt war sie, als sie am 25. Juli 1978 von Gemeindedirektor Paul Jüchter in Empfang genommen wurde. Ob sie auch bereit sei, für den Sitzungsdienst Kaffee zu kochen, wurde sie damals gefragt. Daraus wurde dann schnell ein Service, den alle Kollegen jeden Morgen zu schätzen wussten. "Kaffee schwarz, mit und ohne Milch und Zucker, Früchtetee und Pfefferminztee mit und ohne Zucker kamen hinzu", kennt Abeling auch 44 Jahre danach noch die Wünsche der elf Kollegen, die ihre Büros auf 3 Etagen verteilt hatten. Diese Zeiten sind längst vorbei und auch das Aufgabenfeld hat sich in den Jahren stark verändert. "1978 gab es nur eine elektrische Schreibmaschine in der gesamten Verwaltung und wenn Bürgermeister August Sündermann keine Zeit hatte, ins Rathaus zu kommen, um eine dringend benötigte Unterschrift zu leisten, dann durfte ich mit den Papieren zu ihm nach Husum fahren." Wie dringend seine Termine waren, die ihn von der Fahrt nach Emstek abhielten, kann man nur ahnen. Renate Abeling wurde zumindest bei diesen Gelegenheiten immer gefragt: "Häs du tied?" Wenn sie das bejahte, dann spielte er ihr ein Stück auf dem Klavier vor. "Und ich hatte Zeit." Auf Paul Jüchter folgte Bernhard Lübbehüsen, und 1989 wurde Heino Trenkamp Gemeindedirektor. "18 Jahre habe ich Tür an Tür mit ihm gearbeitet und es waren sehr schöne Jahre." Annähernd so lange sollte sie mit seinem Nachfolger und gleicher Konstellation zusammenarbeiten, auch wenn ihr der Gedanke, mit Michael Fischer einen Chef zu haben, der 13 Jahre jünger als sie selber ist, zunächst etwas Bedenken bescherte. Unnötige Sorgen, wie sich schnell herausstellte, denn der erste hauptamtliche Bürgermeister der Gemeinde Emstek und Renate Abeling erwiesen sich schnell als gutes Team. Was ihr in all den Jahren die Arbeit erleichterte, war das insgesamt gute Betriebsklima im Haus. "Wir haben auch nach Dienstschluss in der Freizeit viel unternommen, und in den 44 Jahren habe ich im Rathaus fast keinen Tag gehabt, an dem ich nicht gerne zur Arbeit gefahren bin." Diese Touren sind nun Geschichte, was keinesfalls bedeutet, dass es Renate Abeling langweilig wird. "Ich möchte mehr Zeit für meine Familie haben und auch für den Sport. Meine fast 99-jährige Mutter macht täglich Frühsport vor dem Fernseher und sagt immer zu mir ,dat wör för die uck gaut'. Die Ausrede, dass ich dafür keine Zeit habe, gilt ja nun nicht mehr", erzählt sie lachend. Außerdem gehört ein über viele Jahre entwickelter Garten zu dem Haus, in dem sie und ihr Ehemann Heiner ihren gemeinsamen Sohn großgezogen haben. "Ich liebe es, draußen zu sein", sagt sie, während sie vorbei an Teichen mit momentan äußerst mitteilsamen Fröschen flaniert. Mehr Zeit möchte sie darüber hinaus dem Fotografieren widmen, häufiger mal aufs Fahrrad steigen oder durch den vor der Haustür liegenden Baumweg wandern. "Ich krame auch gerne in alten Sachen rum und recherchiere zu alten Fotos aus dem Dorf. Ahnenforschung würde mich auch interessieren." Müßiggang wird ganz offensichtlich auch im Ruhestand nicht bei ihr zu erwarten sein.18 Jahre Tür an Tür mit Heino Trenkamp gearbeitet
Für Sport gibt es keine Ausreden mehr
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