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Respekt – nein danke?

Kolumne: Notizen aus dem wahren Leben – Respekt vor Einsatzkräften zu haben, ist eine Selbstverständlichkeit. Aber auch wir als Gesellschaft müssen Menschen anderer Nationalität mit Toleranz begegnen.

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Die Fernsehbilder von den bürgerkriegsähnlichen Silvesterkrawallen in Berlin haben mich sprachlos gemacht. Da wurden im Einsatz befindliche Feuerwehrleute und Rettungskräfte mit Pflastersteinen beworfen und gezielt mit Feuerwerksraketen angegriffen. Sie mussten um ihr Leben fürchten, nur weil sie Hilfsbedürftige retten wollten. Dass die Angreifer augenscheinlich auch noch viel Spaß bei ihren Attacken hatten, war für mich zutiefst schockierend! Respekt vor der für uns alle unverzichtbaren Leistung von Rettungskräften: Offenbar Fehlanzeige auf ganzer Linie!

Durch ihr Vorbild haben mich meine Eltern völlig anders geprägt. Hilfsbereitschaft, und Höflichkeit waren eine Selbstverständlichkeit. Sich in die Gemeinschaft einzubringen, wichtig. Dazu zählte auch der Respekt vor Geistlichen, Polizisten und Lehrern und stand nicht zur Diskussion. Für uns Kinder ging damit aber durchaus auch die Angst vor diesen Respektspersonen einher. Das war die Kehrseite der Medaille.

Ein weiterer Aspekt hierzu eröffnete sich für mich als Jugendliche bei der Kriegsgräberpflege in Frankreich. Während meiner Zeit in Amiens und Arras wurde mir klar, wie wichtig es ist, Menschen anderer Nationalität und Religion mit Toleranz und Würde zu begegnen. Und sie, ihre Meinungen und Einstellungen in all ihren Facetten zu respektieren. Irgendwann würden alle Gegensätze überwunden sein. Und genau das drückte für mich die Hymne „We Shall Overcome“ von Joan Beaz aus, die bei der Arbeit und in der Unterkunft immer wieder gespielt wurde.

"Nur wer selbst ein respektierter Teil der Gesellschaft ist, wird auch Respekt gegenüber gesellschaftlichen Institutionen entwickeln. Dafür sind aber berufliche und wirtschaftliche Perspektiven unerlässlich."Elisabeth Schlömer

Dass es damit allein nicht getan ist, habe ich während meiner 35-jährigen beruflichen Tätigkeit in der Erwachsenenbildung gelernt. Nur wer selbst ein respektierter Teil der Gesellschaft ist, wird auch Respekt gegenüber gesellschaftlichen Institutionen entwickeln. Dafür sind aber berufliche und wirtschaftliche Perspektiven unerlässlich. Die Voraussetzungen hierfür durch Deutschkurse, berufsvorbereitende Maßnahmen und berufliche Weiterbildungsangebote zu schaffen, ist während meiner Zeit beim Ludgerus-Werk zu einem wesentlichen Aufgabenfeld geworden. Immer mit dem Ziel, den Teilnehmer:innen eine gesicherte Lebensperspektive zu eröffnen und sie gesellschaftlich zu integrieren.

Nur wer um des lieben Friedens willen nicht alles toleriert, wird auch respektiert. Diese Erfahrung habe ich gemacht, als in einem Kurs ein Kurde nicht neben einem Türken sitzen wollte. Auch wenn die Beibehaltung der Sitzordnung zunächst schwierig war, wurde sie schließlich doch als vernünftig akzeptiert.

Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch der Imam der Berliner Dar-as-Salam-Moschee bei den Silvesterkrawallen in Berlin. Er fordert, die Gewalttäter hart zu bestrafen, aber auch Ausbildungsmöglichkeiten für Jugendliche aus sozialen Brennpunkten bei Feuerwehr, Polizei und sozialen Einrichtungen zu schaffen.

Das sehe ich genauso. „Respekt – nein danke“ kommt für mich als Option nicht infrage!


Zur Person:

  • Elisabeth Schlömer wohnt in Cloppenburg.
  • Sie war Leiterin des Ludgerus-Werkes Lohne bis zu ihrem Ruhestand 2019.
  • Momentan ist sie ehrenamtlich tätig bei den „Machern – zu jung, um alt zu sein“.
  • Die Autorin erreichen Sie unter: redaktion@om-medien.de.

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