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Rechtsgespräch mit Folgen

Kolumne: Recht hat, wer Recht bekommt – Ein Holdorfer Ehepaar verkauft Naturprodukte für Tiere. Nun musste es sich vor Gericht rechtfertigen.

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„Verdacht von Verstößen gegen das Arzneimittelgesetz“: So hieß es in der Anklage vor dem Strafgericht im Amtsgericht Vechta; so trug es auch die Vertreterin der Staatsanwaltschaft vor. Das war nicht selbstverständlich. Denn zuvor hatte ein Verteidiger den Antrag gestellt, die Anklage gegen ein Holdorfer Ehepaar (59 und 63 Jahre) nicht zu verlesen, weil sie rechtswidrig sei.

Warum? In der Anklageschrift heiße es, dass 106 Personen "Tierarzneimittel" bei dem Paar gekauft hätten. Ohne die Namen der Kundinnen und Kunden sei das nicht nachvollziehbar. Die Strafrichterin wiederum lehnt den Antrag des Verteidigers ab; die Anklage wurde vorgelesen.

Die Holdorfer machten nur spärliche Angaben. Die 59-Jährige sagte, sie sei beruflich „selbstständig“. Sie arbeite für ihren Mann. Im Internet allerdings sind die Angaben konkreter. Als „Tierheilpraktikerin“ stellt sich die 59-Jährige dort unter anderem vor. Der 63-Jährige indes antwortete auf die Frage nach seinem Beruf "Architekt“. Die beiden Verteidiger stellten den Antrag auf ein Rechtsgespräch – ohne Öffentlichkeit also. Das dauerte, hatte aber für die beiden Holdorfer keine Nachteile. Im Gegenteil.

"Die erforderliche Zulassung besaßen die Angeklagten nicht, so der Vorwurf der Staatsanwaltschaft."Klaus Esslinger

Zur Anklage: Dem Holdorfer Paar wurde vorgeworfen, zwischen August 2016 und Juli 2019 in zehn Fällen für 106 Kunden vermeintliche "Tierarzneimittel" – zum Beispiel Produkte gegen Milben und Zecken oder Öl für Katzen – verkauft zu haben. 11.836 Euro habe das Paar so eingenommen, hieß es.

Die erforderliche Zulassung besaßen die Angeklagten nicht, so der Vorwurf der Staatsanwaltschaft. Dabei sei ihnen die Rechtslage aufgrund von Hinweisen der Gewerbeaufsicht spätestens 2017 bekannt gewesen.

Das Gericht hatte zunächst einen Strafbefehl erlassen. Dagegen hatte das Paar Einspruch erhoben und zwei namhafte Verteidiger, die dafür bekannt sind, die Einstellung von Verfahren zu erwirken, hatten auch Erfolg. Das Rechtsgespräch brachte nämlich eine vorläufige Einstellung des Verfahrens. Die Holdorfer stimmten zu. Wenn sie nun je 6000 Euro an die Staatskasse zahlen, wird das Verfahren endgültig eingestellt werden.

Was mit der Firma ist, wurde nicht erörtert. Immerhin, eine Einstellung ist keine Verurteilung und keine Vorstrafe. Die Schuldfrage bleibt offen; die Unschuldsvermutung besteht fort. Jetzt wären die Behörden am Zug, sollte es tatsächlich Grund zur Klage geben.


Zur Person:

  • Klaus Esslinger ist Gerichtsreporter und war viele Jahre Lokalchef der Oldenburgischen Volkszeitung.
  • Kontakt zum Autor über: redaktion@om-medien.de.

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