Raus aus dem Seniorenzentrum und ab zum Stammtisch
Bewohner aus dem Haus Margaretha schwelgen in Erinnerungen. Einen solchen Ausflug können sie sich häufiger vorstellen.
Thomas Vorwerk | 09.06.2023
Bewohner aus dem Haus Margaretha schwelgen in Erinnerungen. Einen solchen Ausflug können sie sich häufiger vorstellen.
Thomas Vorwerk | 09.06.2023
Prost: Mit Wasser, Cola oder Alster wird angestoßen. Foto: Vorwerk
"20 Jahre war ich regelmäßig beim Stammtisch in Cappeln. Wir haben immer bei Varrelmann gesessen und geschnackt", sagt Bernhard Siemer. Gebürtig stammt der Rentner aus Tegelrieden – heute lebt er im Seniorenzentrum in Emstek. So wie zahlreiche weitere Bewohner, und eine Art Stammtisch gibt es auch dort, wie Gunda Essing, eine der Betreuerinnen, weiß. "Der Männerstammtisch ist dann im Mehrzweckraum oder auch im Garten", sagt sie. Aber warum nicht auch wieder in eine richtige Kneipe gehen? Diese Frage stellte sich vor einigen Wochen, und dank der Unterstützung einiger Begleiter wurden Nägel mit Köpfen gemacht. "Bi'n Baohnhoff" heißt eine der letzten Schankwirtschaften im Ort und das Gasthaus ist gerade einmal ein paar hundert Meter entfernt vom Seniorenzentrum gelegen. Und das Haus ist voller Geschichte, denn vor 109 Jahren machte dort das erste Mal die Kleinbahn Vechta-Cloppenburg Halt. Über die Geschichte der Bahnverbindung wusste Gastwirt Karl Vorwerk eine ganze Menge zu berichten, doch mitgefahren ist der 55-Jährige nie, denn die Personenbeförderung wurde bereits vor seiner Geburt eingestellt, auch für den Gesamtbetrieb kam 1965 das Aus. Horst Mainka hingegen, ein weiterer Rentner der Runde, kann sich nicht nur gut an die Kleinbahn Vechta-Cloppenburg erinnern, er ist selber auch einmal Fahrgast gewesen. Damit zählt er aber in diesem Sextett zur Minderheit. Wenngleich sie alle aus der näheren Umgebung stammen, so wurde die Kleinbahn, die von Vechta über Bakum, Cappeln und Emstek nach Cloppenburg führte, von ihnen offenbar nicht regelmäßig genutzt. Die sechs Senioren haben ihren Stammtisch "ohne Frauen" genossen. "Bei den Veranstaltungen im Seniorenzentrum sind die Frauen meistens in der Mehrheit. Da ist es auch mal schön, etwas unter sich zu unternehmen", erklärte Gunda Essing die Motivation. Dass unter den Begleitern drei Frauen sind, spielt dabei keine Rolle. Im Gegenteil. "Ohne sie würden wir gar nicht hier sein", so die einhellige Meinung. Auf alle Fälle soll es nicht das letzte Mal gewesen sein, dass sich die Gruppe zum Frühschoppen außerhalb ihrer Wohneinrichtung getroffen hat. Die sechs Männer haben es sichtlich genossen, egal ob bei Wasser oder einem gezapften Pils, den Vormittag in einer alteingesessenen Dorfkneipe zu verbringen, sich Döntkes zu erzählen, in Erinnerungen zu schwelgen und sogar ein wenig zu singen.Vor 109 Jahren machte die Kleinbahn erstmals in Emstek Halt
Bei den meisten Veranstaltungen sind die Männer in der Minderheit
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