Von Kurzschlusshandlungen und versuchtem Selbstmord: Bei dieser 5-stündigen Strafbefehls-Verhandlung vor dem Strafgericht des Amtsgerichtes Vechta war alles dabei. Wie so oft stand Aussage gegen Aussage. Es ging um einen Familienstreit in Lutten, der sich schon vor ein paar Jahren zugetragen hatte. Ein Bauarbeiter (30) wurde nun wegen vorsätzlicher Körperverletzung an seiner jetzt 25-jährigen Ex-Frau zu einer Geldstrafe von 70 Tagessätzen zu je 40 Euro verurteilt.
Die Ehe war arrangiert; Verwandte des Paares hatten den Kontakt vermittelt. Er lebte und arbeitete zu diesem Zeitpunkt schon im Kreis Vechta; sie war noch im Kosvo, lernte zunächst Deutsch, bekam nach einem Jahr ein Visum für Deutschland und heiratete dann den Ausgesuchten, der bereits eine 6-jährige Tochter hatte.
Zwischen November 2019 und Mai 2020 gab es drei angeklagte Straftaten und mindestens vier Einsätze von der Polizei und einer Rettungswagenbesetzung. Im ersten Fall stritten sich die Eheleute um die Erziehung der Tochter. Der Mann gab seiner Frau laut Aktenlage vier Backpfeifen, zog sie an den Haaren und schubste sie auf den Boden. Die Frau soll daraufhin versucht haben, sich mit einem Lösungsmittel zu suizidieren.
"Er und seine Verwandten waren der Auffassung, dass sich die Frau, die sich nach den Taten von ihm getrennt hatte, einer psychischen Behandlung hätte unterziehen müssen."Klaus Esslinger
Im März und April 2020 gab es weitere Auseinandersetzungen. Einmal soll der Mann seiner Frau die Nase blutig geschlagen haben. Gegen ihren Willen soll der Angeklagte ihr dann Antidepressiva-Tabletten in den Mund gesteckt und sie aufgefordert haben, diese zu schlucken. Dann war da noch die Sache, wo die Frau sich eingeschlossen hatte. Die Tür wurde aufgebrochen und die Frau gegen einen Schrank gestoßen. Sie erlitt eine Steißbeinverletzung.
Der Angeklagte bestritt die ihm vorgeworfenen Taten. Er und seine Verwandten waren der Auffassung, dass sich die Frau, die sich schließlich von ihm getrennt hatte, einer psychischen Behandlung hätte unterziehen müssen.
Der Staatsanwalt sah zwei der drei Taten als bewiesen an, bei dem Tabletten-Schlucken hatte er wegen der Zeugenaussagen Bedenken. Der Nebenklägervertreter, der das Opfer vertrat, hielt alle Anklagepunkte für bewiesen. Der Verteidiger des Angeklagten hielt alle angeklagten Vorwürfe für nicht bewiesen an und forderte einen Freispruch.
Zur Person:
- Klaus Esslinger ist Gerichtsreporter und war viele Jahre Lokalchef der Oldenburgischen Volkszeitung.
- Kontakt zum Autor über: redaktion@om-medien.de.