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Parallelen zwischen Cappeln und Schilda

Gästebuch: Ob im Mittelalter oder in der Gegenwart: Ein Rathaus zu bauen, ist gar nicht so einfach. Diese Erfahrung macht gerade nicht nur Cappelns Bürgermeister Brinkmann.

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Cappeln ist eine Gemeinde im Oldenburger Münsterland. Dort leben viele Pferde und zahlreiche Tiere anderer Art. 0,9 Einwohner teilen sich einen Hektar. Der Ort hat einen jungen Bürgermeister und einen Werbeslogan, der da lautet: "Rundum gaut". Über die Originalität eines solchen Spruches kann man sicherlich streiten. Vielleicht wäre "Rundum gut" genau so treffend gewesen und hätte wegen der zahlreichen "u" auch wohl gepasst. Aber sei's drum.

Mitten in Deutschland lag im Mittelalter eine Stadt, die Schilda hieß. Seine Bewohner nannte man deshalb die Schildbürger. Das waren seltsame Leute. Alles, was sie taten, machten sie falsch. Überall lachte man über die Schildbürger. Aber so dumm, wie sie galten, waren die Schildbürger eigentlich gar nicht. Sie stellten sich nur dumm. Bürgermeister Marcus Brinkmann sieht Parallelen zwischen Cappeln und Schilda.

Wie in Schilda geht es auch in Cappeln um das Rathaus. Einfach ist es nämlich nicht, so einfach mal ein Rathaus zu bauen. Früher, ja früher schnackte man mit dem örtlichen Bauunternehmer und einigte sich. Er gab sich dann alle Mühe, um sein Prestige zu steigern und kam sicherlich auch preislich seinen Mitbürgern entgegen. Manche Hand konnte dann manch andere waschen und meistens waren am Ende alle froh und zufrieden.

Europaweit ausschreiben? Wo kommen wir da hin?

Vergaberecht: Wenn man das schon hört. Das hat nichts mit Vergeben im Sinne von Verzeihen zu tun. Es sind vielmehr Fesseln, die der unschuldigen Kommune da angelegt werden. Warum kann man nicht einfach frei entscheiden, wer bauen soll und wie und wo. Immer diese Gesetze. Und dann auch noch Europarecht. Europaweit ausschreiben? Wo kommen wir denn da hin? Sollen demnächst die Italiener hier das Rathaus hochziehen? Oder etwa Bulgaren? Da wird man dann schon sehen, was man davon hat.

Also braucht man Ideen. Vielleicht könnte ja eine Gruppe, nennen wir sie einfach Investoren, das Rathaus bauen. Die können dann schalten und walten, wie sie wollen, weil sie ja nicht dem öffentlichen Recht unterliegen. Und wenn das Rathaus anschließend fertig ist und in aller Blüte mitten im Ort erstrahlt, kommt der Bürgermeister und mietet das schöne neue Rathaus. Oder kauft es. Und alle sind rundum zufrieden. Und alles ist rundum gut oder gaut. Alles paletti?

Rathauschef spricht von "Schildbürgerstreich"

Natürlich gibt es da immer wieder die ewigen Besserwisser und Nörgler. Da mault die Architektenkammer und sieht schon Gesetzesverstöße. Hoch lebe der Lobbyismus. Und der Städte- und Gemeindebund spricht gar von "Umgehung". Wird Cappeln also gesetzesuntreu? Was tun, was tun? Da eilen schon die Volksvertreterinnen und Volksvertreter herbei und rufen zurück. Wir werfen einfach alles durcheinander. Wir nehmen die alten Pläne zurück, schmieden keine neuen und denken uns was völlig anderes aus. Halt, sagt der Bürgermeister. Dann gehen uns aber Fördermittel flöten. Macht nichts, sagen die schlauen Vertreterinnen und Vertreter. Dann holen wir uns das aus anderen Töpfen.

Bürgermeister Brinkmann ist ein wenig verwirrt. Er spricht vom "Schildbürgerstreich". Schilda brauchte nämlich auch ein Rathaus. Da ging es zu wie in Cappeln, nämlich ziemlich durcheinander. Die Schildbürger waren nämlich etwas verrückt. Sie wussten nicht so recht, ob sie schlau oder dumm waren. Und als sie ein neues Rathaus bauten, bauten sie es dreieckig, mit einem großen Turm. Was aber fehlte, waren die Fenster. Die hatte man vergessen. Da es nun im Rathaus stockfinster war, versuchten die Schildbürger mit Hilfe von Eimer, Säcken, Kästen und Körben, das Sonnenlicht einzufangen. Man kann sich denken, mit welchem Erfolg.

"Also merke: Wer klug tut, der ist noch lange nicht klug. Und wer sich lange dumm stellt, wird vielleicht eines Tages wirklich dumm."Otto Höffmann, Kolumnist

So fühlt sich das Dorfoberhaupt von Cappeln. Wie in Schilda. Die wollten eben auch schlauer sein als die anderen. Aber wie in Schilda, taten viele alles genau so, wie ihnen vorgesagt wurde. Wenn in Schilda zum Beispiel jemand sagte "Ihr habt ja ein Brett vor dem Kopf!", dann griffen sie schon an die Stirn und wollten das Brett wegnehmen. Nun ist es Sache des Cappelner Gemeinderates, die brodelnden Ideen wieder einzufangen und rechtskonform auszulegen und Dummheit und Klugheit unter einen Hut zu bringen.

In Schilda kam dem dortigen Schweinehirten die Idee. Die Klugheit sei an allem Schuld. Nur die Dummheit könne uns retten. Die Schildbürger übten sich dann zwei Monate lang im Sich-dumm-Stellen. Dann machten sie ihren ersten Streich und bauten das dreieckige Rathaus. Also merke: Wer klug tut, der ist noch lange nicht klug. Und wer sich lange dumm stellt, wird vielleicht eines Tages wirklich dumm. Aber gemach, liebe Bürger Cappelns: Selbst, wenn der Bürgermeister euch für Schildbürger hält. Es wird alles rundum gaut!


Zur Person

  • Otto Höffmann ist Rechtsanwalt in Cloppenburg.
  • Den Autor erreichen Sie unter der E-Mail-Adresse redaktion@om-medien.de.

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