Auch ohne psychologische Grundkenntnisse kann man ahnen, dass viele ukrainische Flüchtlinge durch den Krieg und ihre Flucht viele traumatische Erlebnisse verarbeiten müssen. Viele Seelen brauchen Erste Hilfe. Beratungen zu organisieren ist schwer, einheimischen Psychologen fehlen die Sprachkenntnisse, Psychologen mit Sprachkenntnissen die Zulassung.
Für alle ukrainischen Flüchtlinge, die in der Gemeinde Garrel einen Zufluchtsort gefunden haben, bahnt sich jetzt eine kleine Hilfe an. Entstanden ist der Plan im Café, zu dem alle Flüchtlinge am Samstagnachmittag in das Johanneshaus eingeladen sind. Dr. Julia Looschen hat mit ihrem Mann Alexander und anderen Helfern ein Angebot aufgebaut, das vom Katholischen Bildungswerk getragen wird. Eine der Café-Besucherinnen ist Olha Horiachkina, die aus Charkiw geflohen ist und jetzt in Garrel wohnt. Sie hat in der Ukraine ein Psychologie-Studium abgeschlossen und weitere Qualifikationen erworben. Da sie sich um ihre zwei Kinder kümmerte, konnte sie ihren Beruf bisher noch nicht ausüben.
Seit einigen Wochen ist sie nun in Garrel, sie wollte ihre Kinder in Sicherhit bringen. Ihr Mann blieb in der bislang nicht zerstörten Wohnung. Als Sozialarbeiter hilft er bei der Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln und Medikamenten. „30 Prozent der Stadt sind zerstört“, beschreibt Olha Horiachkina die Situation in ihrer Heimatstadt.
Telegram hilft als Austauschplattform
Ihre Kinder haben sich schnell eingelebt, schon viele Kontakte geschlossen. Jetzt will sich die Psychologin einbringen und ihren Landsleuten helfen. In den vergangenen Wochen hat sie bereits einzelnen Flüchtlingen geholfen, die Beratung soll jetzt ausgebaut werden. „Bislang hat sie alles ehrenamtlich gemacht. Jetzt soll sie eine kleine Aufwandsentschädigung erhalten“, sagt Dr. Julia Looschen.
Die finanziellen Möglichkeiten bekommt sie durch den Verein „Vita – stronger together for peace and freedom“. Die Zusage für die finanzielle Unterstützung brachte Franz-Josef Kettmann. „Wir haben gerade hier in Garrel viele Unterstützer und viele Spenden bekommen. Jetzt kommt ein Teil der Spenden zurück“, begründet Kettmann das Engagement des Vereins.
Projekte wie jetzt in Garrel seien genau der Bereich, den der Verein unterstützen wolle. Darum wolle man der jungen Psychologin gern helfen, die weiter ehrenamtlich tätig ist. Leider finde sich noch keine Möglichkeit, Olha Horiachkina fest anzustellen.
Die in Garrel wohnenden Ukraineflüchtlinge haben sich in einer Telegram-Gruppe organisiert, tauschen auf dieser Plattform Informationen aus. Darüber kann jetzt auch die Hilfe der Psychologin vereinbart werden, informiert Dr. Julia Looschen. Im Johanneshaus findet die Psychologin auch einen kleinen Raum für ihre Beratungsgespräche. Die Betreuung ihrer Kinder ist kein Problem. Geht sie in eine Beratung, werden ihre Kinder betreut. Auch dafür gab es spontan Zusagen.