Nur nicht die rote Laterne mit nach Hause bringen
Meine Woche: Da gab es nur ein beherrschendes Thema, und zwar Re, Kontra und Keine 90.
Sandra Hoff | 02.04.2023
Meine Woche: Da gab es nur ein beherrschendes Thema, und zwar Re, Kontra und Keine 90.
Sandra Hoff | 02.04.2023
Ich liebe Doppelkopf. Leider bin ich nur eine Gelegenheitsspielerin, weil mir die entsprechenden Mitspieler für regelmäßige Runden fehlen. Für Nicht-Kenner: Doppelkopf lässt sich nur mit mindestens vier Personen spielen. Nicht ohne Grund habe ich daher dem Doppelkopf-Turnier entgegengefiebert, das fast jährlich, wenn's nicht gerade eine weltweite Pandemie gibt, von der Familie meines Mannes durchgeführt wird. Und zwar in Rastdorf, im Emsland. Dem Nachbarschaftslandkreis, in dem die Menschen noch mehr Alkohol trinken als im Oldenburger Münsterland. Und das soll was heißen. Während für die meisten ein Familientreffen eher anstrengend klingt, ist bei dieser Sippschaft das Gegenteil der Fall. Entspannter und lustiger könnte ein Zusammenkommen fast nicht sein. Aber zurück zum Doppelkopf: Anfangs wurden unter den 18 Teilnehmern die einzelnen Gruppen per Losverfahren ermittelt. Gespielt wurden zwei Runden mit jeweils 16 beziehungsweise 20 Spielen, je nachdem, ob ein Tisch mit vier oder fünf Spielern besetzt war. "Oh, oh...du hast aber starke Konkurrenz", wurde mir sogleich vom Servicetisch zugerufen – der Bereich für die Familienmitglieder, die aus unerklärlichen Gründen kein Doppelkopf spielen können. Bis heute fragt man sich, was da schiefgelaufen ist. So saßen mir also echte Profis gegenüber, die eingangs behaupteten, schon seeehr lange kein Doppelkopf mehr gespielt zu haben. Was bei mir mindestens ein Jahr bedeutete, hieß in deren Interpretation 2 Wochen. Soso. Sehr lange also. Das erste Spiel startete gleich mit einem Solo, das haushoch von meiner Sitznachbarin gewonnen wurde. Bedeutete für mich, dass ich direkt mit einem dicken Minus ins Turnier startete. Na toll. Mein Mann hatte mir noch morgens am Frühstückstisch gesagt, ich möge doch bitte nicht die rote Laterne mit nach Hause bringen, die dem Verlierer des Turniers immer feierlich überreicht wird. Sie passe optisch nicht so gut in unseren Garten, hieß es in seiner Begründung. Von seinem mangelnden Spiel-Vertrauen in mich sprechen wir jetzt mal nicht. Aber das Blatt sollte sich noch wenden. Am Ende schien es nämlich eher so, als sei er ein heißer Anwärter auf den letzten Platz. Im Laufe des Turniers ertönte immer wieder irgendwo "Re", "Kontra" oder "Keine 90". Ich selber bin ein kleiner Angsthase, ich könnte beide Herz-10, die Re-Dame und 2 Pik-Damen auf der Hand haben und ich würde keine Ansage machen. Nichtsdestotrotz lief es ganz gut für mich. Am Ende der ersten Runde stand unter meinem Namen immerhin ein Plus, was längst nicht jeder an dem Tag von sich behaupten konnte. Runde 2 wurde mit einem weiteren Losverfahren eingeläutet, damit sich noch mal neue spannende Konstellationen bilden konnten. Neuer Tisch, neues Glück. Nicht für mich. Dieses Mal lief es nicht ganz so rund, aber auch nicht ganz so katastrophal wie bei meinem Schwiegerpapa, der von 16 Spielen nur eines gewinnen konnte. Aber er nahm es mit Humor, eine Negativ-Serie sei immerhin auch eine Serie. Nach einem deftigen Essen mit Schnitzeln und Kroketten (ich liebe Kroketten) folgte die lang ersehnte Siegerehrung. Jedes Jahr gibt es tolle Preise, wie etwa einen Präsentkorb, Vogelhäuser, Gutscheine oder diverse Spirituosen – und eben die rote Laterne. Um es nicht zu spannend zu machen: Ich bin weder Letzte noch Erste geworden. Aber: Ich habe es immerhin geschafft, als beste Frau vom Platz zu gehen. Auch ein kleiner Triumph. Und mein Mann? Ja, der ist mit nur einem Punkt an der roten Laterne vorbeigeschrammt. Platz 17. Gegönnt hätte ich sie ihm ja. Aber dort, wo sie jetzt ist, geht es ihr auch sehr gut.Mir saßen echte Profis gegenüber
"Um es nicht zu spannend zu machen: Ich bin weder Letzte noch Erste geworden."Sandra Hoff, Reporterin
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