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Not, wohin man schaut!

Kolumne: Auf ein Wort – Wir können nicht die ganze Welt retten! Aber schauen wir einfach noch einmal in unsere Geldbörse, ob durch Verzicht nicht doch noch eine kleine zusätzliche Spende möglich ist.

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Es kann einem schon aufs Gemüt schlagen. Wohin man schaut, materielle Not und Hilfsbedürftigkeit. Es beginnt ganz nah in Deutschland und endet auf anderen Kontinenten. Am Wochenende auf dem Bremer Hauptbahnhof: ein Rentner der verschämt die Abfallbehälter nach Leergut durchsucht, um sich vom Pfandgeld etwas kaufen zu können.

Im Briefkasten ein Hilferuf aus dem Ahrtal. Mit dem Wiederaufbau nach der Flutkatastrophe gehe es nur sehr schleppend voran, weil die öffentlichen Gelder nicht fließen. Das Leben im Behelf zehrt an den Nerven und macht gereizt.

Schließlich die Bilder in der Tagesschau. Bei den „Tafeln“ in Deutschland werden die Schlangen vor den Ausgabestellen immer länger und die Waren zum Verteilen immer weniger. Die alte Frau irgendwo in der Ukraine. Vor dem völlig zerstörten Haus kocht sie sich auf offenem Feuer einen Eintopf. Zukunft? Fragezeichen!

Kinder im Erdbebengebiet Nordsyriens. Die Eltern sind unter den Trümmern begraben. Haben die Kinder mit 10 oder 14 Jahren ihr Leben schon gelebt?

"Jedes Mal meldet sich das Gewissen: Du hast ein Dach über dem Kopf, satt zu essen und musst selbst am Monatsende den Euro nicht zweimal umdrehen."Karl Gierse

Die Beispielliste ließe sich beliebig verlängern. Und jedes Mal meldet sich das Gewissen: Du hast ein Dach über dem Kopf, satt zu essen, Kleidung in Hülle und Fülle und musst selbst am Monatsende den Euro nicht zweimal umdrehen.

Also greifst du zur Geldbörse und gibt“s dem Rentner auf dem Bahnsteig einen Euro, der Bekannten, die bei der Tafel hilft, einen Zwanziger und überweist an „Deutschland hilft“ und „Caritas International“ eine großzügige Spende für die Katastrophenhilfe.

Und dann hörst du im Gottesdienst den Aufruf des Bischofs zur MISEREOR-Kollekte am nächsten Sonntag und denkst: Ja, ich kann doch nicht die ganze Welt retten.

„So isses doch“, sagen wir im Revier. Nein, wir können nicht die ganze Welt retten.

Die konkrete Not der „Tafel“ in der Heimatstadt und die schrecklichen Bilder, die uns von aktuellen Katastrophen in nah und fern erreichen, sie berühren uns naturgemäß mehr als Langzeit-Projekte der großen kirchlichen Hilfsorganisationen.

Und dennoch. Der Einsatz für Gleichberechtigung von Frauen und Männern, den sich beispielsweise Misereor in diesem Jahr unter dem Motto „Frau.Macht.Veränderung“ auf die Fahnen geschrieben hat, er ist wahrlich eine unterstützungswürdige Aktion mit Langzeitwirkung für eine gerechtere Welt.

In einem Gebet in den Gottesdiensten der Fastenzeit heißt es sinngemäß: „Die Entsagung öffnet unser Herz für die Armen.“

Schauen wir einfach noch einmal in unsere Geldbörse, ob durch den Verzicht – auf was auch immer! – nicht doch noch eine kleine zusätzliche Spende möglich ist. Für wen oder was auch immer.


Zur Person:

  • Karl Gierse ist Prior des Vechtaer Dominikanerkonventes.
  • Er wirkt in verschiedenen Bereichen der Seelsorge in Vechta und im Oldenburger Land.
  • Kontakt unter: redaktion@om-medien.de.

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