Im Musiksaal des Copernicus-Gymnasiums (CGL) braut sich was zusammen. Mit Paukenschlägen geht es langsam los, dann setzen die Bläser ein, der Klang schwillt an, wird immer voller, fast bedrohlich – bis er plötzlich abbricht. Musiklehrer Philipp Hemmen nickt zufrieden. Das Intro sitzt. Dann kann es ja weitergehen.
Seit Monaten übt das eigens zu diesem Zweck gebildete Schulorchester für den großen Tag. Am 1. April wird es den Festakt zum 50-jährigen Partnerschaftsjubiläum zwischen dem CGL und der Norfolk-Academy musikalisch gestalten. Für die 36 Schülerinnen und Schüler und ihre mitreisenden Lehrer heißt es jetzt Koffer packen. Am Freitag startet der Flieger in die USA. Die Vorfreude ist entsprechend groß.
Ein wenig aufgeregt seien sie schon, geben Katharina Wessels, Hella Rosemeyer und Friederike Sibbel freimütig zu. Keine von ihnen war bislang in den Vereinigten Staaten. "Das ist eine tolle Gelegenheit und ich bin sehr gespannt, was uns erwartet", sagt Katharina. Die 18-Jährige spielt Klarinette und hat sich wie alle Orchestermitglieder einem strengen Auswahlverfahren unterziehen müssen, um in Norfolk dabei sein zu dürfen. "Wir hatten ungefähr 80 Bewerbungen", berichtet Schulleiter Ralf Göken. Ziel sei gewesen, die besten Musiker zu finden, die das Gymnasium zu bieten hat. Die Reise habe nicht vom Einkommen der Eltern abhängen sollen. Das ist dank Sponsorenhilfe und einer hohen Förderung durch das Auswärtige Amt gelungen.
Profi komponierte Jubiläumsmusical
Geprobt wird seit dem vergangenen Jahr. Das Orchester setzt sich aus Schülern unterschiedlicher Jahrgänge zusammen. Unter ihnen sind viele angehende Abiturienten. Sie wollen sich das Abenteuer trotz der hohen Lernbelastung nicht entgehen lassen. Das Musical, das die Jugendlichen und jungen Erwachsenen einüben, stammt aus der Feder des amerikanischen Komponisten Stephen Melillo. Der ehemalige Norfolk-Schüler schreibt Musik für Film und Fernsehen und arbeitet auch mit dem Musikkorps der Bundeswehr zusammen. Ein echter Profi also, der sich für die Auftragsarbeit viel Zeit gelassen hat und die jungen Löninger schließlich vor eine anspruchsvolle Aufgabe stellte. "Mit Disney-Musik hat das wirklich nichts zu tun", bestätigt Göken.
Philipp Hemmen ist mit den Leistungen seiner Schüler aber mehr als zufrieden. Der Orchesterleiter versprüht vor dem großen Auftritt ordentlich Zuversicht. In der kommenden Woche können die Löninger erstmals mit dem amerikanischen Schulchor üben. Die schweren Instrumente müssen zum Glück nicht mitreisen. Sie werden vor Ort gestellt. Mehrere gemeinsame Proben stehen auf dem Programm, dann ist die Stunde der Wahrheit gekommen. Hemmen ist sich sicher, dass die Uraufführung ein Erfolg wird. "Wir sind sehr gut vorbereitet und wir können das."
Älteste deutsch-amerikanische Schulpartnerschaft
Nach der Landung in Washington wird die fast 50-köpfige Reisegruppe, darunter auch einige ehemalige Schüler, per Shuttle ins 4 Autostunden entfernte Norfolk gebracht. Dort wohnen die Löninger in Gastfamilien. Mit ihren amerikanischen Mitschülern haben Katharina, Hella und Friederike bereits Kontakt aufgenommen. Neben den Proben bleibt noch Zeit für Ausflüge, etwa nach Jamestown, das die Engländer 1607 als erste dauerhafte Siedlung in Nordamerika gründeten.
Am Festakt in der Norfolk Academy werden zahlreiche Honorationen teilnehmen, darunter auch der stellvertretende Gouverneur des Bundesstaates Virginia. Die Aufmerksamkeit ist berechtigt, handelt es sich doch um die älteste bestehende Partnerschaft zwischen einer deutschen und einer amerikanischen Schule. Allein von Seiten des CGL hätten rund 1000 Schüler in den vergangenen Jahrzehnten die Gelegenheit zum Schüleraustausch genutzt, weiß Elisabeth Rüve, die das Projekt lange Jahre betreute. Beim Gegenbesuch der Amerikaner vom 12. bis 18. Juni wird unter anderem Ex-Bundespräsident Christian Wulff in Löningen erwartet.