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Manns genug sein, Männlichkeit zu hinterfragen

Kolumne: Das Leben als Ernstfall – Was sind eigentlich Alphas, Incels oder Pick-up-Artists? Sie sind auf jeden Fall keine "richtigen Männer", denn solche gibt es gar nicht.

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"Wann ist ein Mann ein Mann?" hat Herbert Grönemeyer sich und uns schon 1984 gefragt. Beinahe 40 Jahre später gibt es Menschen, die meinen, Männer sollten bloß wieder "richtige Männer wie früher" werden. Dabei könnte man doch meinen, dass mittlerweile klar ist, dass es den "richtigen Mann" gar nicht gibt. Schließlich ist Männlichkeit ebenso wie Weiblichkeit nur ein soziales Konstrukt. Das wusste auch Grönemeyer schon: „Werd'n als Kind schon auf Mann geeicht.“

Heutzutage bezeichnet man Eigenschaften wie Dominanz oder Emotionslosigkeit im Gesamtpaket als "toxische Männlichkeit". Männer dürfen keinen Nagellack tragen? Kein Rosa? Keine Röcke? Jacke wie Hose, jeder soll tun und lassen, was er will. Männer können Salat essen und Fußball blöd finden, an ihrem Geschlecht ändert das rein gar nichts. Es gibt eine Gruppe von Männern, die das noch nicht verstanden haben. Ich nenne sie Idioten, sie selber nennen sich unter anderem "Alphas".

„Alphas sind genau genommen nur Dads.“Mai Thi Nguyen-Kim, Wissenschaftsjournalistin

Der Begriff kommt aus dem Tierbereich, wo die männlichen "Alpha-Wölfe" als Leitwölfe im Rudel über unterlegene "Beta-Wölfe" herrschen. Das dachte man zumindest – mittlerweile weiß man, dass ein Wolfsrudel aus einem Elternpaar und ihren Kindern besteht. Die Eltern haben das Kommando. "Alphas sind genau genommen nur Dads", demolierte Wissenschaftsjournalistin Mai Thi Nguyen-Kim dieses Selbstverständnis.

Das hält einige dieser Spezies jedoch nicht davon ab, zu glauben, dass sie zu etwas Höherem berufen sind. Es gibt sogenannte "Pick-Up-Artists", ein anderes Wort für fragwürdige Dating-Gurus. Dabei geht es nur darum, wie Männer durch Manipulation Frauen doch noch irgendwie rumkriegen können. Ein Nein ist in dieser Welt ein Fremdwort. Solche Coachings haben sich leider zu einem nicht wenig erfolgreichen Geschäftsmodell entwickelt. Letztendlich können wir es aber als das bezeichnen, was es auch ist: frauenfeindlicher Mist.

„Deswegen sollten wir viel weniger Wert auf Männlichkeit legen. Menschlichkeit lautet die Devise!“Fenja Hahn

Als König des Ganzen gilt Andrew Tate. Wer bis dato von diesem Mann noch nichts gehört hat, kann sich glücklich schätzen. Doch dieser Typ, der meint, Frauen sollen wie Hunde gehorchen, wurde mit Frauenfeindlichkeit zum Internetstar. Das alles gipfelt nur noch in der "Incel"-Bewegung, bei dem Frauenhass zur Gewaltfantasie oder im schlimmsten Fall sogar zur Gewalt wird. Das sind Männer, die sich selbst als "unfreiwillig im Zölibat lebend" bezeichnen und paradoxerweise den Frauen die Schuld daran geben.

Selbst wenn wir alle persönlich hoffentlich kaum Pick-up-Artists, Incels oder Andrew Tates kennen, betrifft toxische Männlichkeit jeden von uns. Denn der Druck, der dadurch entsteht, kann unter anderem zu Sexismus oder Homophobie führen und am Ende allen schaden. Ein Bild vom "richtigen Mann" im Kopf zu haben, befeuert solche Entwicklungen nur. Deswegen sollten wir viel weniger Wert auf Männlichkeit legen. Menschlichkeit lautet die Devise!


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