Rund 2500 Jugendliche machten sich wie seit über 50 Jahren am 1. Mai auf den Weg zum Maitanz beim Gasthof Sieger in Thüle. Die Party begann schon morgens an den Startpunkten und auf der Strecke.
Ab nach Thüle: Von Marnkhausen aus waren etwa 1000 junge Menschen unterwegs zum Frühtanz in der Gaststätte Sieger in Thüle. Foto: Stix
1. Mai. Feiertag. Für die meisten Menschen bedeutet das ausschlafen und ein gemütliches, langes Frühstück. Nicht so für rund 1500 Jugendliche und junge Erwachsene aus Friesoythe und Bösel. Sie treffen sich ab 8.30 Uhr in Bösel am Gasthof Bley, um irgendwann gegen Mittag gemeinsam 5 Kilometer nach Mittelsten Thüle zum Frühtanz zu wandern – wenn man bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von etwa einem Kilometer pro Stunde denn noch von wandern sprechen kann.
Polizeihauptkommissar Gerd Binder ist mitten im Getümmel. Der Präventionsbeauftragte der Friesoyther Polizei ist gemeinsam mit 2 Vertreterinnen des Kreisjugendamtes unterwegs, um dem Jugendschutz zu seinem Recht zu verhelfen. Die 3 Kontrolleure achten darauf, dass den zahlreichen Minderjährigen Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Maigangs der Zugang zu hartem Alkohol zumindest maximal erschwert wird.
Um 9.30 ist die Stimmung friedlich. Aus zahlreichen "Bollerwagen" – meist eigens gebaute Alkoholtaxis mit Getränkehaltern, Bierkisten, Zapf- und Musikanlagen – dröhnt Musik, Beats und Bässe wummern über den Platz. "Kann sein, dass die Stimmung irgendwann kippt", sagt Binder, der seit rund 20 Jahren beim Maigang die Jugendkontrollen durchführt.
Hochprozentiger Alkohol von Minderjährigen wird gegen Quittung einkassiert
Die Kontrolleure gehen durch die dichte Menge von Wagen zu Wagen, lassen sich Ausweise zeigen und fragen, wer denn so alles zu dem Gefährt gehört. Und dann wird geprüft: Wenn Minderjährige zu der Truppe gehören, darf pro 18-Jährigem 1 Flasche harter Alkohol an Bord bleiben. "Das ist so die Faustregel", sagt Binder. Nach einer Flasche Korn seien zwar auch die meisten Volljährigen hinüber, aber das Vorgehen habe sich bewährt und sei akzeptiert.
Sind mehr Flaschen Hochprozentiges im Wagen als Volljährige in der Gruppe, wird der Rest der Flaschen gegen Quittung einkassiert. "Die dürfen sich die Erziehungsberechtigten dann im Kreisjugendamt abholen", erläutert Binder. So könne man die Eltern der Minderjährigen mit deutlichen Worten auf ihre Pflichten als Erziehungsberechtigte und auf das Alkoholverbot für Jugendliche aufmerksam machen. Die Alternative heißt: Flaschen ausleeren. Auch davon machen manche Jugendliche Gebrauch, der eine oder andere mag, so scheint es, der Konfrontation mit den Eltern lieber aus dem Weg zu gehen.
Das Thema ist gesetzt: Beim Maigang nach Thüle spielt Alkohol eine dominierende Rolle.
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Von 8.30 Uhr an wird in Bösel (Bild) und in Markhausen gefeiert.
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Irgendwann setzt sich, wie hier in Markhausen, dann der Zug in Bewegung.
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Für den Alkoholtransport müssen die unterschiedlichsten Fahrzeuge herhalten.
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Das Spektrum reicht vom umgebauten Bollerwagen...
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..über Eigenkreationen...
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.. bis hin zu Alkoholtaxis.
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Beim Gasthof Sieger in Thüle geht die Party dann im Zelt ...
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...und auf der grünen Wiese weiter.
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Natürlich versuchen die Jugendlichen, zu schummeln. Aber das Präventionsteam kennt die Tricks und nimmt gerne auch mal volle Limo- oder Colaflaschen in die Hand, bei denen der Verschluss erkennbar schon mal offen war. "Da ist die Flasche dann nur Tarnung", sagt Binder. Und manchmal ist der Versuch einfach misslungen. "Eine dunkelbraune Flüssigkeit in einer Fantaflasche ist irgendwie dämlich", findet der Polizist.
90 Minuten für 1400 Meter
Gegen 10 Uhr ist das Präventionsteam in Markhausen. Zum zweiten Mal an diesem Tag. Dort haben sich morgens rund 1000 junge Menschen an der Vorderthüler Straße versammelt, um nach Thüle zu gehen. Der Zug hat sich gerade in Bewegung gesetzt – wenn auch langsam. Und das Tempo wird nicht schneller, für die ersten 1400 Meter gehen rund 90 Minuten drauf. Und dann wird erst einmal Pause gemacht, an der Kreuzung Mittelthüler Straße/Am Herrensand steht ein Imbisswagen, der zu einem mittäglichen Zwischenstopp geradezu einlädt.
Irgendwann aber wird es der Polizei – inzwischen sind mehrere Beamte eingetroffen – zu bunt. "Wir müssen die Hauptverkehrsstraße frei bekommen", sagt Binder. Also fordern er und Einsatzleiterin Sonja Stammermann gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen die Menge freundlich aber bestimmt auf, sich wieder in Bewegung zu setzen.
Da geht's lang: Polizeihauptkommissar Gerd Binder fordert die Teilnehmer des Maigangs auf, sich endlich wieder in Richtung Thüle in Bewegung zu setzen
Zurück in Bösel stehen die Beamten vor dem gleichen Problem. Vom Startpunkt aus führt der Weg kerzengerade über den Bernethsdamm und die Straße Am Haferberg nach Thüle. In 1 Stunde ist die Strecke gut zu schaffen, um halb 1 stauen sich die Wagen aber immer noch im bebauten Gebiet. Jetzt wird Binder energisch, mehrmals fordert er den größten und lautesten Wagen, der von 3 Mann gezogen und von 2 geschoben wird, dazu auf, endlich weiterzuziehen. Immerhin muss der Böseler Bauhof die Strecke ja noch am gleichen Tag reinigen, und irgendwann werde es den Anliegern dann doch zu viel.
Die aber sehen den Trubel zum großen Teil gelassen. "Das haben wir früher doch auch gemacht", erzählt einer. Die Jugend sei halt so. Allerdings, ergänzt Binder, sei man früher züging in Bösel und Markhausen losgezogen und schneller in Thüle gewesen, wo die eigentliche Feier stattfand. "Heute wollen manche gar nicht mehr zu Sieger, für die ist die Party am Startpunkt und vielleicht noch ein paar hundert Meter auf der Strecke", sagt er. "Und für die anderen ist der Weg das Ziel."
"Insgesamt sind alle sehr gut zufrieden."Einsatzleiterin Sonja Stammermann, Polizei Friesoythe
Beim Gasthof Sieger ist um 13 Uhr von Party kaum etwas zu merken. Das Rote Kreuz steht in Bereitschaft, 6 Liegen für Alkoholopfer stehen parat. Zwei Stunden später ist das Zelt dann schon gut gefüllt, die ersten kleinen Einsätze hatten die Ersthelfer da auch schon hinter sich. Und immer noch treffen Neuankömmlinge ein, ein großer Teil geht allerdings gar nicht erst auf das Festgelände sondern feiert auf der Straße weiter. 12 Euro Eintritt scheint vielen dann doch zu viel zu sein.
Konfisziert: Die Flaschen mit hochprozentigem Alkohol, die Jugendlichen abgenommen wurden, landen im Polizeiwagen. Foto: Stix
"Bis 18 Uhr", sagt Stammermann, "darf die Musik im Zelt laufen, danach ist Schluss." Schon lang vorher aber kommen die Elterntaxis, um den Nachwuchs abzuholen. Lediglich 3 Auseinandersetzungen habe es bis 17 Uhr gegeben, so die Einsatzleiterin. "Insgesamt aber sind alle sehr gut zufrieden."