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Lokal, national, global: Fridays for Future mobilisiert Hunderttausende zu Klima-Protesten

Schneller Kohleausstieg, keine neuen Autobahnen, mehr Geld für Bus und Bahn: Mit diesen Forderungen hat die Klimaschutzbewegung erneut mobil gemacht – erstmals unterstützt von Gewerkschaftern.

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220.000 Menschen haben nach Veranstalterangaben am Klimastreik in Deutschland teilgenommen. Allein in Berlin (Bild) waren es demnach 32.000. Foto: dpa/Skolimowska

220.000 Menschen haben nach Veranstalterangaben am Klimastreik in Deutschland teilgenommen. Allein in Berlin (Bild) waren es demnach 32.000. Foto: dpa/Skolimowska

Hunderttausende Menschen haben in Deutschland und weltweit für mehr Ehrgeiz im Kampf gegen die Klimakrise demonstriert. Große Protestmärsche der Klimabewegung Fridays for Future mit jeweils tausenden Teilnehmern gab es hierzulande am Freitag (3. März) unter anderem in Berlin, München, Hamburg, Köln und Frankfurt am Main. Dabei kamen nach Angaben der Organisatoren bundesweit mehr als 220.000 Menschen zusammen. Auf Plakaten prangten Slogans wie „Klimaschutz statt Kohleschmutz“, „Tempolimit Jetzt!“ oder „Keine faulen Kompromisse“.

Insgesamt wurde an mehr als 250 Orten in Deutschland demonstriert, auch in Vechta. Die zentrale Kundgebung für das Oldenburger Münsterland begann auf dem Europaplatz. „Vergesst die Klimakrise nicht“, sagte Organisatorin Ulrika Heller. Denn trotz des aktuellen Weltgeschehens, etwa dem Ukrainekrieg, der alles überlagere, sei im Kampf gegen die globale Erwärmung weiterhin ein sofortiges Handeln erforderlich, auch in Vechta, so die Studentin.

150 Menschen ziehen durch das Zentrum von Vechta

Nach den Redebeiträgen setzte sich der aus 150 Menschen bestehende Demonstrationszug durch die Innenstadt in Bewegung. Dabei wurden Plakate mit Aufschriften wie „Klimawandel verlangsamen, Leben retten“ oder „Schade, dass Bäume nur Sauerstoff produzieren, den wir zum Atmen brauchen“ in die Höhe gehalten. Hinzu kamen lautstarke Losungen wie „Streik in der Schule, Streik in der Fabrik, das ist unsere Antwort auf Eure Politik“ oder „Motor aus, Fahrrad fahr'n, für das Klima, Bus und Bahn“.

Zwei der Organisatoren des Klimastreiks in Vechta, Carsten Nitschke (links) und Ulrika Heller, freuten sich über die relativ große Resonanz. Foto: BergZwei der Organisatoren des Klimastreiks in Vechta, Carsten Nitschke (links) und Ulrika Heller, freuten sich über die relativ große Resonanz. Foto: Berg

Mit dabei war auch die Grünen-Landtagsabgeordnete Tanja Meyer aus Lohne. „Wenn wir uns alle nicht jeden Tag dafür einsetzen, die Klimakrise aufzuhalten, dann bewegen wir uns auf eine Katastrophe zu, die wir nicht mehr steuern können. Es liegt in unserer Verantwortung“, sagte sie im Gespräch mit OM-Online.

„Ich freue mich, dass so viele Menschen teilgenommen haben, dass wir heute wieder ein Zeichen für den Klimaschutz setzen konnten, dass alles reibungslos verlaufen ist und dass eine gute Stimmung herrschte“, zog Co-Organisatorin Anna Lagemann aus Damme ein positives Fazit.

In Vechta gingen 150 Menschen auf die Straße. Das waren zwar immer noch deutlich weniger als zu Beginn der Proteste im Jahr 2019, aber mehr als zuletzt. Foto: BergIn Vechta gingen 150 Menschen auf die Straße. Das waren zwar immer noch deutlich weniger als zu Beginn der Proteste im Jahr 2019, aber mehr als zuletzt. Foto: Berg

Vielerorts war derweil auch die Gewerkschaft Verdi mit dabei. Sie hatte zu Warnstreiks im Nahverkehr in mehreren Bundesländern aufgerufen – mitunter kam deswegen der ÖPNV zum Erliegen. Insgesamt 60.000 Beschäftigte legten laut Verdi ihre Arbeit nieder.

Auch international gab es Proteste der Klimaschutzbewegung. So gingen etwa viele Tausend Menschen in Neuseeland und in Österreich auf die Straße. Angekündigt waren Hunderte Demonstrationen und Kundgebungen auf allen Kontinenten, dieses Mal unter dem Motto #tomorrowistoolate („Morgen ist es zu spät“).

"Sie dachten, uns fällt nicht auf, wenn unter der Hand weitergemacht wird, als hätten wir drei weitere Planeten auf der Autobahnbaustelle rumliegen."‘Luisa Neubauer, Klimaaktivistin

In Hamburg versammelten sich laut Polizei rund 5500 Menschen, nach Veranstalterangaben waren es 12.000. Annika Rittmann von Fridays for Future forderte in ihrer Rede eine drastische Verkehrswende. „Die Zahl der Autos auf den deutschen Straßen muss runter“, sagte sie. Gleichzeitig müssten Taktung und Pünktlichkeit bei der Bahn erhöht und die Fahrpreise gesenkt werden. Rittmann kündigte an: „Wir lassen nicht locker, die Menschen wollen endlich echten Klimaschutz.“

Die Aktivistin Luisa Neubauer nahm auf der Kundgebung in Berlin insbesondere die Bundesregierung und die Kohle-, Öl- und Gas-Konzerne ins Visier. „Sie haben gedacht, sie kommen mit grünen Worten und grünen Reden durch – ob Parteien, Kanzler oder Konzerne. Sie dachten, uns fällt nicht auf, wenn unter der Hand weitergemacht wird, als hätten wir drei weitere Planeten auf der Autobahnbaustelle rumliegen.“

Kernforderung unverändert: 1,5-Grad-Ziel einhalten

Besonders scharf kritisierte Neubauer die FDP. Es sei olympiareif, wie sich „diese unbeliebte Mini-Partei“ erfolgreich weigere, „zu irgendeiner guten Idee einfach mal Ja zu sagen“. Die FDP blockiere in der Bundesregierung nicht nur die Energiewende und die Bauwende, sondern nun auch das EU-weite Ende des Verbrennermotors.

Für Deutschland fordert Fridays for Future unter anderem einen Kohleausstieg bis 2030, 100 Prozent erneuerbare Energieversorgung bis 2035 sowie das sofortige Ende der Subventionen für fossile Energieträger und einen Ausbaustopp für Autobahnen. Der aktuelle Streikaufruf beklagt, dass zurzeit in hohem Tempo Terminals zum Import von Flüssiggas hierzulande errichtet werden, während der Ausbau der erneuerbaren Energien immer noch stocke.

Kreativer Protest: Bald erSaUVen wir“ steht in Anspielung auf SUV-Fahrzeuge und deren hohen Benzinverbrauch auf dem Plakat eines Teilnehmers vor der Alten Oper in Frankfurt am Main. Foto: dpaRoesslerKreativer Protest: „Bald erSaUVen wir“ steht in Anspielung auf SUV-Fahrzeuge und deren hohen Benzinverbrauch auf dem Plakat eines Teilnehmers vor der Alten Oper in Frankfurt am Main. Foto: dpa/Roessler

Auf internationaler Ebene ist eine Kernforderung an die Politik, weltweit die Finanzierung aller Öl- und Gasprojekte zu stoppen, um die drohende Klimakatastrophe noch abzuwenden und das 1,5-Grad-Ziel einzuhalten. Gemeint ist das 2015 bei der UN-Klimakonferenz in Paris vereinbarte Ziel, die Erderwärmung möglichst auf 1,5 Grad zu begrenzen im Vergleich zur vorindustriellen Zeit.

Schon jetzt hat sich die Erde um etwa 1,1 Grad aufgeheizt, in Deutschland sind es sogar 1,6 Grad. Die fatalen Folgen sind, je nach Region, häufigere und heftigere Stürme, Dürren, Überflutungen und Hitzewellen. Im internationalen Streikaufruf heißt es dazu, jeder Dollar, der in die Finanzierung fossiler Energieträger wie Öl, Gas und Kohle fließe, sei „mit Blut befleckt“.

Mit Plakaten und lauten Parolen zog ein bunter Protestmarsch durch die Innenstadt von Vechta. Foto: BergMit Plakaten und lauten Parolen zog ein bunter Protestmarsch durch die Innenstadt von Vechta. Foto: Berg

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