Lehrermangel: Knapp vorbei ist auch daneben
Gästebuch: Warum es schwierig ist, den Bedarf an Lehrern zu ermitteln, auch wenn die Geburtenzahlen bekannt sind.
Otto Höffmann | 25.03.2023
Gästebuch: Warum es schwierig ist, den Bedarf an Lehrern zu ermitteln, auch wenn die Geburtenzahlen bekannt sind.
Otto Höffmann | 25.03.2023
Mist! Wieder nicht geklappt. Dabei waren wir doch so nah dran. Eigentlich ist es ja ganz einfach: Die Zahl der Kinder, die vor circa 6 Jahren geboren wurden, korrigiert durch Ab- und Zuwanderung, hochgerechnet zum Schuljahresbeginn, bereinigt durch geplante Klassengrößen, ins Verhältnis gesetzt zum Lehrerbedarf, aktualisiert durch Krankheitsfälle wie Burnout oder Bulimie, gefiltert wegen Abwesenheit im Sabbatical oder des Wunsches auf Wechsel in Teilzeit, und schon wissen wir, wie viel Lehrer für die Schulen im Landkreis Cloppenburg benötigt werden. Ganz einfach, ne? Sorry. Knapp vorbei ist auch daneben. Also versuchen wir es im nächsten Jahr wieder. Vielleicht mit mehr Glück. Wir sind Katholiken, sagt der Kabarettist, wir denken in Jahrtausenden. Es ist nicht so einfach, den Bedarf an Lehrerinnen und Lehrern zu errechnen für Kinder, die 6 Jahre zuvor das Licht der Welt erblickt haben und die nach 6 Jahren in die Grundschule möchten. In den Verbänden und Gewerkschaften der Schulmeister sitzen ja genug kluge Köpfe, denen der Schädel brummt und deren Gehirn auf Hochtouren läuft. Sollte man jedenfalls meinen. Was muss der denkende Planer auch nicht alles unter einen Hut kriegen, was nicht alles berücksichtigen, damit wirklich jede Klasse genug Lehrer hat. Jahrzehnte sind da nix. Ja, mein Gott, es gibt eben den üblichen Schwund, rufen notorische Besserwisser. Bilden wir zu viele Lehrer aus, stehen die nachher auf der Straße oder drängen in die Schulen, obwohl man sie gar nicht braucht. Studieren zu wenig aufs Lehramt, muss man wieder werben, abwerben oder sonst wie locken. Und dann brauchen wir wieder die Seiteneinsteiger als Lückenbüßer, über die manche hochgeschulten Pädagogen die Nase rümpfen, weil sie zwar gut tischlern oder haushalten können, aber von der professionellen Erziehungskompetenz à la PH wenig verstünden. Darauf einen Schluck und durchatmen. Frieda M. aus der Bahnhofstraße und Alwin K. aus dem Sandker Weg sind beide Seiteneinsteiger. Die junge Frau, die sich einst unter dem Kürzel „nd“ als freie Mitarbeiterin bei der MT ein kleines Zubrot verdiente, hatte kein Examen. Und Alwin K. als „afgoan Jungen“ musste dem ältesten Bruder den elterlichen Hof überlassen und bewirtschaftete mit seiner Familie eine kleine landwirtschaftliche Stelle auf sandigem Boden, auf dem es hinten und vorne für die Familie nicht reichte. Beide Menschen waren, wie wir Südoldenburger sagen, „fix“. Und fix waren sie dabei, als für die Schulen im Landkreis Cloppenburg Seiteneinsteiger gesucht wurden. Es fehlten mal wieder Lehrer für die Grund- und Hauptschulen, obwohl die PH Vechta jeweils nach 3 Jahren Studienzeit Semester für Semester neue Aspiranten hervorbrachte und die Kinder auch damals erst mit 6 Jahren eingeschult wurden. Beide bestanden die Prüfungen mit Bravour und traten erfolgreich ihren Dienst als Lehrer an. Alwin K. war nur ein kurzes Lehrerglück beschieden. Er starb zu früh. Doch Frieda M. erwarb sich über Jahrzehnte hinweg hohes Ansehen in ihrem Beruf als spät berufene Pädagogin. Sie genießt heute ihren wohlverdienten Ruhestand. Das sind mehr als 50 Jahre her, in Worten: fünfzig, mehr als ein halbes Jahrhundert, als Lehrer fehlten, weil man nicht richtig gerechnet hatte. Und noch immer kraxeln sie mühevoll den Bildungs-Berg hinauf und knabbern an den Fingern. Irgendwann muss es doch mal passen mit den Schülern und der Lehrerzahl. Doch die Note, die ins Armutszeugnis der glücklosen Schulmeister und ihrer Bildungsprofis gehört, bleibt. Sie lautet: Setzen: Sechs. Oder: Man hat sich bemüht. Aber gereicht hat es nicht."Und dann brauchen wir wieder die Seiteneinsteiger als Lückenbüßer, über die manche hochgeschulte Pädagogen die Nase rümpfen..."Otto Höffmann
Frieda M. erwarb sich ein hohes Ansehen in ihrem Beruf als spät berufene Pädagogin
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