Krisen-Experten gewähren einen tiefen Blick in finstere Szenarien
Ein tagelanger Blackout? Ein nuklearer Unfall im benachbarten Emsland? Welche Strategien dann im Kreis Cloppenburg greifen sollen, wurde den CDU-Mitgliedern in der Katastrophenschutzzentrale gezeigt.
Informationen aus erster Hand: (Von links) Patricia Eckholt (CDU), Heiner Albers (THW), Dennis Vinzing (Landkreis), Martin Voß (Niedersächsisches Landesamt für Brand- und Katastrophenschutz), Christine Eismann (Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe), Hubertus Pleye (Bundeswehr KVK), Katharina Emke (CDU) und Dr. Christoph Penning (CDU, Moderator). Foto: Götting
Es gibt Ereignisse, die möchte im Landkreis Cloppenburg wohl kaum jemand erleben: tagelanger Ausfall von Strom und Gas, Deichbruch an der Thülsfelder Talsperre oder ein nuklearer Unfall im relativ nahe gelegenen Kernkraftwerk Emsland. Wie abhängig die moderne Gesellschaft in der Region von moderner Technologie und deren Energieversorgung ist, erfuhren am Donnerstag rund 75 Besucher einer Veranstaltung des CDU-Kreisverbandes und des CDU-Stadtverbandes Cloppenburg.
Bei einem Besuch der Katastrophenschutzzentrale im Untergeschoss des Kreisgebäudes wurde sofort deutlich, dass diese Begriffe und Szenarien in der Kreisbehörde ziemlich gegenwärtig sind. Denny Vinzing, Katastrophenschutzbeauftragter des Landkreises Cloppenburg, machte die Besucher mit den Räumen, der Organisationsstruktur und der technischen Ausstattung vertraut. Zudem erfuhren die Gäste Wichtiges über die Zusammenarbeit der Blaulichtorganisationen, die Notstromversorgung, redundante Telefonnetze, Satellitentelefon und Digitalfunk. Auch die Messung von radioaktiver Strahlung könne von dort aus vorgenommen werden.
Der Katastrophenstab, so Vinzing, bestehe aus 60 Personen, die dreischichtig und rund um die Uhr arbeiten müssten. Damit das reibungslos funktioniere, werde regelmäßig mit anderen Organisationen und benachbarten Kommunen geübt. Die Kreisbehörde habe im Katastrophenfall eine Leitungsfunktion. Eine zentrale Figur sei dabei der Landrat, dem die Aufgabe zufalle, einen Katastrophenfall auszurufen. Danach müsse, je nach Szenario, eine komplexe Organisation ausgelöst werden, bis hin zur Versorgung der Rettungsdienste mit Sprit an einer Tankstelle, die dazu eventuell noch mit Notstrom betrieben werden müsse.
Damit das funktioniere, so Vinzing, gebe es regelmäßige Übungen, zum Teil auch ohne jegliche Vorwarnung. Einen tieferen Einblick bekamen die Teilnehmer bei einer anschließenden Diskussionsrunde im Bildungswerk. Christine Eismann vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) hielt Szenarien wie eine fehlende Gasversorgung oder einen lang anhalten Stromausfall (Blackout) zwar für sehr unwahrscheinlich, machte aber deutlich: „Die Versorgung läuft dann nicht mehr, die Entsorgung aber auch nicht. Selbst der Roboter im Apothekenlager funktioniert dann nicht.“
Fernmelderaum: Hier erfuhren die Besucher vieles über Telefon- und Funknetze und deren Betrieb im Katastrophenfall. Foto: Götting
Oberstleutnant Hubertus Pleye vom Kreisverbindungskommando (KVK) der Bundeswehr stellte die unterstützende Funktion des derzeit 8-köpfigen Kommandos vor. Er machte dabei deutlich: „Wir Soldaten sind motiviert, wir machen das freiwillig und ehrenamtlich, aber wir können nur das liefern, was uns die Politik ermöglicht.“ Im Rahmen der Diskussion betonte Denny Vinzing, dass der Kreis beispielsweise im 100-Kilometer-Umkreis des Atomkraftwerks Emsland liege, sodass hier Jodtabletten eingelagert sind, die auch gerade erneuert wurden.
Hubertus Pleye forderte, dass die Kreise und Länder sich besser vernetzen müssten. Es könne nicht sein, dass benachbarte Landkreise beispielsweise völlig unterschiedliche Einsatzsoftware verwendeten. Ein Blackout wurde auch von Martin Voß vom Niedersächsischen Landesamt für Brand- und Katastrophenschutz für unwahrscheinlich gehalten. Aber „das wäre natürlich das große Schreckensszenario“. Er sagte außerdem, dass der Katastrophenschutz in der wirklichen Krise nicht für alle Menschen sorgen könne. Deshalb müsse private Vorsorge getroffen werden. Darum bat er ausdrücklich.