Sie haben Fragen, aber auch Ängste. Die Schüler am Copernicus-Gymnasium setzen sich mit den Ereignissen in der Ukraine auseinander. Die Vorbereitungen zur Aufnahme von Flüchtlingen laufen derweil an.
Unterricht am CGL: Die Klasse 8d beschäftigt sich auch mit dem Krieg in der Ukraine. Foto: G. Meyer
In der Klasse 8d des Copernicus-Gymnasiums hat die Deutschstunde begonnen. Mit ihren Schülern liest Lehrerin Ria Sibbel gerade den Roman "Tschick". Zwei Jungen unternehmen darin einen Roadtrip Richtung Walachei, bleiben aber in der brandenburgischen Provinz stecken.
Wie die Walachei ist auch die Ukraine nur einige Autostunden von Deutschland entfernt. Der dort von Russland angezettelte Krieg beschäftigt die Jugendlichen in Löningen deshalb wie kein anderes Thema. Einige haben sogar Verwandtschaft in einem der beiden Länder. Die Kontakte sind mal mehr, mal weniger eng. Mit ihren Verwandten in der Ukraine hat die 14-jährige Adina Bien bislang noch nicht sprechen können. Das Gleiche gilt für Viktoria Zimbelmann, deren Großvater im sibirischen Omsk lebt. Sie und ihre Mitschüler folgen dem Geschehen vor allem in den Sozialen Netzwerken, etwa auf "TikTok", wo normalerweise lustige Videos und Selfies hochgeladen werden. Doch normal ist seit Donnerstag eigentlich nichts mehr.
"Die Betroffenheit ist groß", bestätigt Ria Sibbel. "Wir waren gerade dabei, die Pandemie zu überwinden und jetzt das." Ihre Kollegin Marie Brinkhaus hat den Konflikt direkt in ihrem Politikunterricht behandelt. Die Schüler hätten viele Fragen, aber auch Ängste. "Sie wollen zum Beispiel wissen, ob der Krieg auch zu uns kommt und ob dann Atomwaffen eingesetzt werden", berichtet Brinkhaus. Ihren Elftklässlern versucht sie dabei zu helfen, die Ereignisse einigermaßen einzuordnen. Dabei gehe es auch um Medienkompetenz. „Sie sollen erkennen können, woher die Informationen stammen und ob die Quelle seriös ist“, erklärt die Pädagogin.
Auch die Lehrer müssen Schock verdauen
Auch wenn sich im Kollegium jeder über die Dimension der Geschehnisse im Klaren sei: Der Lehrplan würde deswegen nicht umgeschrieben, sagt Schulleiter Ralf Göken. Außerdem stehe das Abitur vor der Tür. "Wir wollen das Thema aber angemessen in den Unterricht integrieren und unsere Schüler bestmöglich durch diese Zeit begleiten", betont Göken. Er selbst kann sich noch an die Rüstungsdebatten aus den 1980er Jahren erinnern. Die Sorge vor einem großen Krieg in Europa – jahrzehntelang war sie fast gänzlich verschwunden. "Daran müssen auch wir Lehrer uns erst einmal wieder gewöhnen."
Um die eigenen Emotionen im Griff zu behalten, helfe der wissenschaftliche Blick, sagt Torsten Ellmann. Der stellvertretende Schulleiter unterrichtet ebenfalls Politik. Dazu gehört für ihn auch, die Argumentation des russischen Präsidenten zu durchleuchten. Dass die Welt sich erneut in Blöcke aufzuteilen beginnt, schockiert Ellmann aber genauso wie den Rest des Kollegiums. "Wir dachten alle, dass es damit vorbei wäre."
Besuch im Rathaus: Bundestagsabgeordnete Silvia Breher sprach mit Löningens Bürgermeister Burkhard Sibbel (links) und Erstem Stadtrat Thomas Willen auch über den Krieg in der Ukraine. Foto: G. Meyer
Wie nah der Ukraine-Krieg bereits an die Region herangerückt ist, zeigt ein Aufruf des Landkreises Cloppenburg. Die Behörde bittet alle Hauseigentümer, freien Wohnraum für Geflüchtete zur Verfügung zu stellen. Auch in Löningen laufen die Vorbereitungen, bestätigt Bürgermeister Burkhard Sibbel. "Wir starten derzeit Anfragen und werden versuchen, die Menschen, sobald sie da sind, dezentral unterzubringen." Allerdings sei der Wohnungsmarkt deutlich angespannter als noch 2015. Damals hatte die Stadt zahlreiche syrische Kriegsflüchtlinge zugewiesen bekommen.
Mit einer Flüchtlingswelle rechnet Burkhard Sibbel aber ebenso fest wie die Bundestagsabgeordnete Silvia Breher (CDU). Die Lindernerin stattete dem neuen Verwaltungschef am Freitag einen Besuch ab. Lokale Themen rückten dabei aus aktuellem Anlass in den Hintergrund. „Die Situation ist unfassbar dramatisch“, bestätigte Breher. "Wichtig ist jetzt, dass in großer Geschlossenheit wirtschaftliche Sanktionen gegen Russland verhängt werden, und gleichzeitig müssen die EU und die Nato klarmachen, dass sie Frieden und Freiheit in Europa verteidigen werden.“
Ein militärisches Eingreifen des Westens in den Konflikt schloss die stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende jedoch aus. Breher wies auch auf die Sorgen der im Landkreis lebenden Bürger mit ukrainischem, aber auch russischem Pass hin. Wenn sich die aktuelle Situation nicht beruhigt und stabilisiert, müssten sich die Kommunen darauf einstellen, dass zahlreiche Ukrainer, darunter viele Frauen und Kinder, Schutz in der EU suchen werden.