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Kaum Gefahrenstellen – aber viel gefährliches Verhalten

Zum Tag der Verkehrssicherheit am 17. Juni fährt OM-Online-Reporter Heiner Stix mit der Polizei durch Friesoythe – auf der Suche nach Gefahrenpunkten.

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Geht gar nicht: Mit dem Rad gegen die Fahrtrichtung auf dem Gehweg durch die Eisdiele. Hauptkommissar Gerd Binder (rechts) ist solches Verhalten im Straßenverkehr unverständlich. Foto: Stix

Geht gar nicht: Mit dem Rad gegen die Fahrtrichtung auf dem Gehweg durch die Eisdiele. Hauptkommissar Gerd Binder (rechts) ist solches Verhalten im Straßenverkehr unverständlich. Foto: Stix

Auf den Tag der Verkehrssicherheit am 17. Juni angesprochen, reagiert Jürgen Kuhlmann, der Leiter des Friesoyther Polizeikommissariats, entspannt. "Ich würde Ihnen ja die Unfallschwerpunkte in unserem Gebiet zeigen", sagt er auf eine entsprechende Anfrage. "Aber wir haben keine."

Und tatsächlich: Auf dem Unfallatlas der statistischen Ämter des Bundes und der Länder finden sich im Cloppenburger Nordkreis, dem Zuständigkeitsbereich des Friesoyther Kommissariats, nur blau eingefärbte Straßenabschnitte. Konkret: Im Ortskern Bösel sind für 2021, im bislang letzten amtlich ausgewerteten Jahr, sechs Unfälle mit Personenschaden verzeichnet, im Rest des Nordkreises gibt es nur vereinzelte Stellen, an denen maximal drei derartige Unfälle erfasst sind.

Vor Schulen kommt es immer wieder zu brenzligen Situationen

Das soll aber nicht heißen, dass der Straßenverkehr im Norden des Oldenburger Münsterlandes vollkommen ungefährlich ist. Gerd Binder kennt die Gefahrenstellen und zeigt sie bei einer Tour durch Friesoythe. Der Polizeihauptkommissar ist Präventionsbeauftragter im Friesoyther Polizeikommissariat, Teil seines Jobs ist es, Kindern in Kitas und Schulen altersgerecht auf den Straßenverkehr und die dort lauernden Gefahren vorzubereiten.

Weit muss er dabei meist nicht gehen, denn gerade vor Schulen kommt es im Straßenverkehr immer wieder zu brenzligen Situationen. Grund seien, so Binder, die Elterntaxis. "Kaum ein Kind kommt heute noch alleine zur Schule gelaufen", sagt Binder. "Die meisten werden mit dem Auto gebracht." Besonders haarig wird es dabei an der Ludgerischule an der Barßeler Straße, aber auch an der Marienschule und an der Gerbert-Schule in Altenoythe ist es kaum besser. Selbst in kleineren Friesoyther Ortsteilen komme es vor, dass Kinder 300 Meter mit dem Auto zur Schule gefahren werden.

Abkürzungen sind nicht schneller, aber gefährlicher

Ein Dorn im Auge sind Binder auch die ortskundigen Autofahrer, die für ihre Fahrten jede nur denkbare Abkürzung nehmen. Statt beispielsweise von der Innenstadt die B72 für den Weg in das Wohngebiet zwischen Oldenburger Ring und Am Galgenberg zu nehmen, würden viele über die Thüler Straße fahren. "Das geht nicht schneller", betont Binder, "ist aber gerade vor der BBS und an der Engstelle kurz vorm Oldenburger Ring einfach gefährlicher." Auch die schmale Straße Hinter der Burgwiese sei ein beliebter, aber gefährlicher und unnötiger Schleichweg, an dem beim Neubaugebiet zudem eine sinnvolle und erkennbare Geschwindigkeitsregelung fehle.

„Wenn Radler auf dem Gehweg fahren, kann es an jedem Haus- oder Geschäftseingang zu einem Unfall kommen.“Gerd Binder, Polizeihauptkommissar

Beispiele dieser Art könnte Binder in allen vier Nordkreiskommunen benennen, sein größtes Sorgenkind allerdings ist derzeit die Friesoyther Innenstadt. Nicht wegen der Rechts-vor-links-Regelung oder der Unsicherheit mancher Autofahrer am Kirchplatz, sondern wegen des Verhaltens vieler Radfahrer. "Radler über 10 Jahre gehören auf die Straße", sagt er. Vor allem aber sollten sie nicht auf den teilweise ohnehin engen Gehwegen und dann auch noch entgegen der Fahrtrichtung unterwegs sein – und schon gar nicht zwischen den Tischen der Eisdiele durchfahren.

"Wenn Radler auf dem Gehweg fahren, kann es an jedem Haus- oder Geschäftseingang zu einem Unfall kommen", erläutert Binder. "Das ist vor allem in der Innenstadt gefährlicher, als auf der Straße zu fahren." Dort seien inzwischen zumindest tagsüber die Autos kaum schneller als Radfahrer, man könne sich gut arrangieren, wenn man aufeinander Rücksicht nähme. Und das, so Binder, sei im Straßenverkehr eigentlich ohnehin die wichtigste Regel, die auch im Paragraf 1 der Straßenverkehrsordnung verankert sei. 

"Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht", heißt es dort. "Wer am Verkehr teilnimmt, hat sich so zu verhalten, dass kein anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird." Binder kann den Text fast fehlerfrei auswendig aufsagen, weiß aber auch, dass er bei einer Vielzahl egoistischer Verkehrsteilnehmer eher unbekannt ist. "Aber eigentlich", sagt er, "bräuchte es doch gar nicht mehr als diese zwei Sätze."

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