Im vergangenen Jahr sind so viele Menschen in Deutschland aus der katholischen Kirche ausgetreten wie noch nie. 359.338 Katholiken kehrten ihrer Kirche allein 2021 den Rücken, wie die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) am Montag in Bonn mitteilte. Das ist ein neuer Negativ-Rekord. „Für uns ist das die bisher höchste Zahl“, sagte DBK-Sprecher Matthias Kopp. Die katholische Kirche zählte Ende letzten Jahres 21.645.875 Mitglieder – das macht 26 Prozent der Gesamtbevölkerung aus.
Auch im Bistum Münster wird am Montag ein historischer Höchstwert bei den Kirchenaustritten gemeldet. Im vergangenen Jahr haben 22.614 Katholiken der Kirche den Rücken gekehrt. Das ist noch einmal ein Plus von 9916 gegenüber dem Vorjahr. Dem gegenüber stehen 257 Gläubige, die nach einem früheren Austritt wieder eingetreten sind. Außerdem wechselten 105 Gläubige von einer anderen Glaubensgemeinschaft in die katholische Kirche.
Aktuell 1.763.393 Katholiken im Bistum Münster
Aktuell werden im Bistum Münster – das zweitgrößte Bistum hinter dem Erzbistum Köln – 1.763.393 Katholiken gezählt. Im Offizialatsbezirk Oldenburg sind im vergangenen Jahr 2872 Kirchenaustritte erklärt worden – im Vorjahr lag die Zahl noch bei 1689.
„Natürlich haben vor allem gravierende Fehler kirchlicher Verantwortungsträger im Umgang mit sexuellem Missbrauch zu den hohen Kirchenaustrittszahlen beigetragen", sagt Dr. Felix Genn, Bischof von Münster, zu den aktuellen Zahlen. Er bedauere das, habe aber auch Verständnis, "dass viele Menschen mit der Institution Kirche nichts mehr zu tun haben wollen". Berücksichtigt werden muss in diesem Kontext, dass die Austritte im letzten Jahr erfasst wurden – also vor der jüngsten Veröffentlichung der neuen Missbrauchsstudie.
„Es ist nichts schönzureden.“Georg Bätzing, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz
Einen deutlichen Rückgang gibt es auch bei den Gottesdienstteilnehmern. 2021 waren es 65.016 Katholiken und damit 24.046 weniger als im Vorjahr. Dabei muss allerdings auch das Coronavirus und das damit verbundene "Social Distancing" berücksichtigt werden.
Der DBK-Vorsitzende Georg Bätzing zeigte sich „zutiefst erschüttert über die extrem hohe Zahl von Kirchenaustritten“. Die Zahl sei Zeugnis einer „tiefgreifenden Krise, in der wir uns als katholische Kirche in Deutschland befinden“, sagte er. „Es ist nichts schönzureden.“
2020 hatten mit 221.390 Menschen noch deutlich weniger Katholiken die Kirche verlassen, 2019 – im Jahr vor Corona – lag die Zahl nach DBK-Angaben bei 272.771.
Bischof Genn dankte mit Blick auf die aktuelle Entwicklung jenen Christen, die sich "trotz allem" weiter in der katholischen Kirche engagieren. Das sei für ihn beeindruckend. Er sei ihnen dankbar dafür, "dass sie nicht wie viele andere sagen: Mir reicht’s. Ich gehe.“