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Jungfernfahrt mit dem Treppenlift

Kolumne: Notizen aus der Nachbarschaft – Meine beiden Mädels – also Oma und meine Tante – haben mittlerweile so einiges an sportlichen Hilfsmitteln. Damit treiben sie auch reichlich Schabernack.

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Da stand er mit wachen Augen und verschmitztem Lächeln beim letzten Brückenlauf in Vechta unter den Zuschauern, die Hände fest am Rollator und feuerte die laufenden Sportler an. Früher war er einer der schnellsten Marathonläufer im Landkreis und jetzt rief er mir zu: „Könnt ihr beim nächsten Mal nicht ein Rollator-Rennen ins Programm aufnehmen? Für den Gewinner eine Woche freie Logie im St. Hedwig Stift!“. Ich hätte am liebsten sofort den Startschuss dafür gegeben und übte am nächsten Tag selber mit Omas Rollator, wie schnell man mit den Dingern wohl laufen kann.

Meine beiden Mädels – also Oma und meine Tante – haben mittlerweile so einiges an sportlichen Hilfsmitteln, mit denen man hin und wieder schon mal für die kommenden Jahre üben kann. Angefangen bei den Ohren sind die Hörgeräte nicht meine Freunde. Schon Opa schluckte damals eine kleine Schraube der Ohrstöpsel runter, die sich nachher im Magen wiederfand und so bin ich heilfroh, dass man unsere Fernseher auch auf die Lautstärke 64 drehen kann. Die Unterhaltung ist dann zwar schwierig, aber die Nachbarn wohnen weit genug entfernt.

Und wenn der Rollator zu langsam ist, dann gibt es ja die motorisierten Rennstühle. Wenn meine Tante mit ihren 96 Jahren durchs Dorf jagt und ich mit hängender Zunge hinterher hetze, dann kennt sie jede Bordsteinkante und umschifft sie wie der beste Formel-1-Pilot. Ich bin danach immer heilfroh, wenn das Rennen ohne Crash beendet ist, während sie ganz entspannt rückwärts in die Garage einparkt. Seit einem Jahr bin ich aber Experte – nein, nicht nur ich, sondern fast der ganze Ort – einer weiteren technischen Errungenschaft – dem Treppenlift.

"Früher konnten coole Tüftler ihre Mofas frisieren, vielleicht würde es ja auch beim Treppenlift funktionieren."Antonius Schröer

Aufgefallen waren mir die Werbungen für diese Geräte, die elegant gekleidete Charmeure auf der Treppe hochbeförderten, immer mal wieder in Omas und Opas Fernsehzeitung – aber dass wir selber mal so einen Lift bräuchten? Jetzt sind sie montiert, sowohl bei Oma als auch bei meiner Tante. Und wenn ich so die Hauptstraße im Ort entlang blicke, laufen die Treppenlifte beinahe in jedem Poalbörgerhaus.

Klar habe ich sofort auch eine Jungfernfahrt gemacht und mich schön langsam nach oben schippern lassen. Leider haben die Dinger aus Sicherheitsgründen, wie mir der freundliche Monteur versicherte, kein Beschleunigungspedal, und so fährt man ziemlich langsam die Stufen hoch oder runter. Bei Oma führt es dazu, dass sich das Licht im Treppenhaus von selber wieder ausschaltet und es im Winter eine schummrige Geisterbahnfahrt wird.

Früher konnten coole Tüftler ihre Mofas frisieren, vielleicht würde es ja auch beim Treppenlift funktionieren. Nur ich hatte schon damals zwei linke Hände am Motor und lasse lieber die Finger davon. Aber einen weiteren Vorteil haben die Lifte durchaus, man braucht nach den Senioren nicht lange im Haus suchen. Ist der Sitz nicht unten, sind sie oben im Haus, es sei denn, sie fangen an zu tricksen und benutzen die Fernbedienung, ohne selber drinzusitzen – das passiert durchaus, ich merk' es mir schon mal für später.


Zur Person

  • Antonius Schröer führt mehrere Modehäuser.
  • Der 60-Jährige verkörpert das Vechtaer Original „Straßenfeger“ im Karneval.
  • Kontakt: redaktion@om-medien.de.

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