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Ich bin so Sylt

Kolumne: Notizen aus dem wahren Leben – Die friesische Insel bereitet viel Freude und das trotz der beschwerlichen Anreise per Bahn.

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Zu Ostern war ich das erste Mal im Leben auf Sylt zu Gast. Die Anreise geschah mit dem Intercity, es ging leidlich voran, nur 45 Minuten Verspätung, 3 Mal musste an den Gleisen und Wagen geschraubt werden, die Bahn benahm sich wie ein piefiger Mitropa-Zug der 1960er-Jahre. Der Lokführer schnarrte blöde Durchsagen, das Abteil war zu warm, der Lautsprecher zu laut. Gottlob reisten wir mit lieben alten Freunden im 6er-Waggon, da konnte man ein weiteres Pärchen tolerieren. Er war Filmemacher aus Sachsen, sie schlecht gelaunt, beide trollten sich nach 20 Minuten in den Speisewagen, wir passten auf die Koffer auf.

Als Novize aus der Provinz war ich sehr gespannt auf den 10 Meter hohen Hindenburgdamm, aber gut: Zwischen Ebbe und Schlick befuhren wir ein Gleis, das mir auch nicht viel höher vorkam als die alte Bahntrasse von Bakum nach Cloppenburg.

Auf Sylt sodann Sonnenschein, das 9-Sterne-Hotel hatte eine Droschke geschickt, wir nahmen den ersten Perlwein um 13.50 Uhr. Die Begrüßung war überaus herzlich und warm und professionell und gab eine Vorahnung vom gastronomischen Niveau der Insel: Dort sind erstaunlich viele Gastgeber so, wie man sie sich vorstellt – freundlich, zuvorkommend, unglaublich professionell. Im Zimmer lag obendrein eine handgeschriebene Willkommenskarte von meinem alten Freund Uwe aus Goldenstedt, der den Bau des Hotels 2014 als Ingenieur geleitet hatte, hach, wie schön!

"Dort sind erstaunlich viele Gastgeber so, wie man sie sich vorstellt, freundlich, zuvorkommend und unglaublich professionell."Christian Bitter

Der erste Gang führte zum Strand, unterwegs die ersten 3 Südoldenburger, man grüßte fröhlich, ich zog die Mütze tiefer: Es war zwar sonnig, aber steife Brise und 8 Grad. Am Abend dann schön Scholle, man isst ja am Meer, ein wunderbarer Abend in herrlichem Ambiente. Um Mitternacht gab es Zigarren in der Smoker’s Lounge, da saß ein Herr, der sah aus wie Dieter Bohlen und führte 3 Dackel mit sich – auch das ein typisches Stück Sylt, wo zuweilen mehr Hunde als Gäste durch Westerland laufen. Er klagte über die beschwerliche Anreise aus Düsseldorf: "Also mit 3 Hunden im Flieger, das geht gar nicht. Da hat man so viel zu tun, da braucht es fast schon Personal." Wir nickten bedächtig und wurden belehrt: "Gehen Sie bloß nicht ins Gogärtchen, das ist mittlerweile so teuer, da muss man auch mal reflektieren, ob man das alles noch braucht."

Also schlichen wir am nächsten Tag ganz passiv am Gogärtchen vorbei, wo wir sowieso nicht reinwollten, und bestaunten gegenüber den Rauchfang, ein genauso legendäres Sylter Restaurant, das offenbar in den 1970er Jahren einer sagenumwobenen Vechtaer Schenke ihren Namen gab. Wir genossen einen sensationellen Sonnenuntergang am Meer, der Wirt spielte passgenau "Biscaya" von James Last, wir freuten uns des Lebens und verbrachten herrliche 4 Tage mit tollen Leuten an der Nordsee. Seither bin ich so Sylt und weiß nicht, wie es weitergeht. Eins aber steht jetzt schon mal fest: Die Insel ist mir zu weit weg.


Zur Person:

  • Christian Bitter ist Chef der Werbeagentur Bitter & Co. in Calveslage.
  • Er studierte Germanistik und war Leiter der Werbe-Redaktion der OV.
  • Den Autor erreichen Sie per E-Mail an: redaktion@om-medien.de.

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