Holdorfer Jugendliche bringen Amphibien sicher zu ihren Laichgründen
An zwei Stellen in der Gemeinde sammeln sie Tiere ein. Amphibienschutzzäune leiten Erdkröten, Berg-, Teich- oder Kammmolche zu Eimern. Für die sichere Straßenüberquerung sorgen dann die Schüler.
Sarah Kreutzmann (Mitte) motivierte ihre Schwester Lucy (links) und Tabea Korte (rechts) zum Mitmachen. Foto: Heinzel
Sarah Kreutzmann engagiert sich für Erdkröten, Bergmolche und andere Amphibien. Die Schülerin ist mit mehr als 40 Schulkameraden in Holdorf unterwegs, um diese Tiere sicher über Straßen zu tragen und an ihren Laichgründen abzusetzen. „Ich finde Kröten süß und wollte es einmal ausprobieren“, sagt die 16-Jährige. „Mir hat es immer Spaß gemacht.“ Und zwar soviel, dass sie in diesem Jahr ihre Schwester Lucy und Tabea Korte überzeugen konnte, mitzumachen.
„Wir haben ein allgemeines, seit Jahrzehnten anhaltendes Amphibiensterben.“Ludger Frye, Vorsitzender Nabu-Kreisgruppe Vechta
Amphibien haben zwei wichtige ökologische Funktionen, erzählt Ludger Frye vom Naturschutzbund Nabu. Zum einen als Schädlingsbekämpfer, zum anderen als Nahrungsquelle. Sie seien ein wichtiger Teil des natürlichen Kreislaufes. Fakt sei aber auch: „Wir haben ein allgemeines, seit Jahrzehnten anhaltendes Amphibiensterben“, sagt Ludger Frye. Daher gelte es, den Tieren zu helfen, sicher ihre Reproduktionsstätte zu erreichen.
Gerade Erdkröten zieht es beinahe magisch zu dem Laichgewässer zurück, in dem sie geschlüpft sind. Das milde und feuchte Wetter der vergangenen Tage begünstigt nun den Wandertrieb. Bis zu 3 Kilometer legen die Kröten auf ihrem Weg bis zum Laichen zurück. Dabei kommt es durchaus vor, dass das kleinere Männchen auf den Rücken des Weibchens springt und sich den Rest der Strecke tragen lässt. „Nicht faul, sondern clever“, nennt dies Ludger Frye.
Bei den Erdkröten lässt sich das kleinere Männchen gerne einmal vom Weibchen zu den Laichgründen tragen. Foto: Heinzel
Ludger Frye vom NABU zeigt den orangefarbenen Bauch eines Bergmolches. Foto: Heinzel
Warnhinweis auf kreuzende Amphibien: Der ADAC empfiehlt langsames und vorsichtiges Fahren. Foto: Heinzel
Eines von mehreren Teams der Georg-Kerschensteiner-Schule in Holdorf (v.l.): Mathis Dödtmann, Tim Lübke-Narberhaus, Percy-Leon Scherer, Tabea Korte, Sarah Kreutzmann und Leni Piekenbrock. Foto: Heinzel
Eine männliche Erdkröte. Sie fühle sich glibschig und knochig an, berichtet Tabea Korte. Foto: Heinzel
Percy-Leon Scherer betrachtet einen Bergmolch. Eines der in den Eimern gefundenen Exemplare. Foto: Heinzel
Mathis Dödtmann und Percy-Leon Scherer sammeln Amphibien entlang des 400 Meter langen Schutzzaunes am Diekhausener Weg in Grandorf ein. Foto: Heinzel
Anschließend werden die Erdkröten zu einem der Tümpel in der Nähe gebracht. Foto: Heinzel
Ludger Frye (NABU), Holger Schürstedt (Landkreis Vechta) und Bernard Schonhöft vor dem Laichtümpel am Diekhausener Weg. Foto: Heinzel
Bereits im Herbst 2021 hatte der Landkreis veranlasst, zwei Tümpel auf dem Gelände von Mechthild Högemann in Grandorf für das Laichen der Tiere zu optimieren. Im Laufe der Zeit verlanden solche Tümpel nämlich, berichtet Holger Schürstedt von der unteren Naturschutzbehörde beim Landkreis. Alle 10 bis 20 Jahre müsse daher ausgebaggert werden.
Diese Arbeiten sind nun abgeschlossen; die Kröten können kommen. Bereits zum sechsten Mal nimmt Sarah Kreutzmann an der Aktion der Georg-Kerschensteiner-Schule teil. Insgesamt engagieren sich 45 Schülerinnen und Schüler der Jahrgänge 5 bis 10. Betreut werden sie von Claudia Totzke und Michael Averbeck. Die Schülerinnen und Schüler sind in Gruppen mit jeweils bis zu sechs Teilnehmern aufgeteilt. In den nächsten Wochen kümmern sie sich um den Amphibienschutz an zwei Stellen im Holdorfer Gemeindegebiet.
Zur Gruppe von Sarah Kreutzmann gehören Mathis Dödtmann, Percy-Leon Scherer, Leni Piekenbrock, Tim Lübke-Narberhaus und Tabea Korte. Ein- bis zweimal rücken sie in der Woche aus, um die Eimer zu kontrollieren. Ideal sind die Vormittagsstunden. Da allerdings muss die Schulbank gedrückt werden. Also machen sich die Jugendlichen zumeist direkt nach Schulschluss auf den Weg; am Wochenende natürlich früher.
Kröten können es problemlos bis zu drei Tage in den Eimern, welche mit Sand, Laub und Ästen ausgestattet sind, aushalten. Foto: Heinzel
Die Schüler kümmern sich um den Diekhausener Weg in Grandorf, dort gibt es eine etwa 400 Meter lange Strecke mit Schutzzaun, und entlang der Gramker Straße um eine etwa 750 Meter lange Strecke. Das Material für die Zäune stellt der Landkreis zur Verfügung. Um den Aufbau kümmerte sich IBB (kurz für Integration, Bildung, Beschäftigung) aus Vechta. Den Rest erledigen die Jugendlichen. Für Holger Schürstedt ist die Zusammenarbeit ein gelungenes Beispiel einer Kooperation zwischen behördlichen und ehrenamtlichen Naturschutz.
Insgesamt gibt es im Landkreis Vechta fünf dieser Hotspots, an denen Schutzzäune und Eimer aufgestellt werden. Neben den beiden in Holdorf sind dies drei Stellen in Lohne. An zwei Punkten in Goldenstedt arbeitet der Landkreis mit Warnschildern. „Die Tiere laufen überwiegend in der ersten Nachthälfte“, sagt Ludger Frye. In Bakum am Harmer See arbeitet der Landkreis mit einer nächtlichen Straßensperrung. Zwischen 17 Uhr abends und 5 Uhr morgens sind gewisse Strecken für den Verkehr gesperrt. Der Nabu schätzt die Zahl der Erdkröten am See auf 10 bis 20.000.
„Erfahrungsgemäß können wir Mitte April mit dem Rückbau der Zäune beginnen.“Holger Schürstedt, Landkreis Vechta
„Glitschig und knochig“ fühlen sich die Tiere an, beschreibt Tabea Korte. Es sei also gar nicht schlimm, sie mit der Hand aus den Eimern zu holen. Bis Mitte April, weiß sie, wird der Einsatz dauern. "Kein Problem", versichert sie.