Schuld haben fast immer die anderen. Das kennt man und so hört man es auch oft bei Verhandlungen vor Gericht. Vor dem Strafgericht des Amtsgerichtes hatten sich ein 40-jähriger Maurer aus Goldenstedt und eine 61-jährige Kauffrau aus Cloppenburg wegen Insolvenzverschleppung zu verantworten. Sie hatten ein Urteil per Strafbefehl bekommen, dagegen Einspruch eingelegt und es kam zur Verhandlung. Heraus kam fast das Gleiche, vielleicht waren die Geldstrafen etwas geringer. Der Maurer muss 120 Tagessätze je 40 Euro (4800 Euro) und die Geschäftsfrau 90 Tagessätze je 60 Euro (5400 Euro) zahlen.
Worum ging es? Beide Angeklagte waren Geschäftsführer von Bauunternehmen, die besonders im Raum Vechta eine ganze Reihe von Bauten erstellen ließen und verkauften. Sie hatten in zwei Gesellschaften von 2015 bis 2019 jeweils Fehlbeträge, es gab schon 2019 den Hinweis auf Zahlungsunfähigkeit, keine Zahlung von Sozialabgaben für Beschäftigte und vieles mehr. Den Pflichten von Geschäftsführern kamen sie laut Anklage der Staatsanwaltschaft nicht nach.
"Angesichts der nicht erfüllten Aufgaben von Geschäftsführern konnte das aber die nicht erfüllten Aufgaben von Firmen rechtfertigen."
Das Gericht bot den Angeklagten mit ihren Verteidigern ein Rechtsgespräch an. Darin ging es vornehmlich auch um die zu erwartenden Geldstrafen bei geständigen Aussagen der Angeklagten. An den wirklichen Verschuldungen war so gut wie nichts zu ändern. Die Sache war ganz klar.
Der angeklagte Handwerker erklärte, er sei nur Handwerker und kenne sich nicht mit Buchhaltung und derartigen Dingen aus und könne deshalb nicht groß was erklären. Die Kauffrau hingegen, in der Branche bekannt, machte konkretere Aussagen zum Geschäftsverkauf und zu der abschließenden Misere. Sie war es auch, die eine Schuldige der ganzen Geschichte nannte. Man habe stets Zahlungen an die Lieferfirmen wie Betonwerke und andere geleistet. Es habe Probleme mit einem Steuerberatungsbüro gegeben, mit schlechter Arbeit einer Baufirma aus Vechta und anderes. Der entscheidende Punkt hingegen sei die Prüfung des Finanzamtes gewesen. Es sei um 200.000 Euro gegangen. "Hätte es diese Prüfung nicht gegeben, hätten wir es wahrscheinlich noch hinbekommen." Angesichts der nicht erfüllten Aufgaben von Geschäftsführern, konnte das aber die nicht erfüllten Aufgaben von Firmen rechtfertigen.
Das Gericht kam den Anträgen der Staatsanwaltschaft voll nach, die Verteidiger hatten geringere Tagessätze vorgeschlagen.
Zur Person:
- Klaus Esslinger ist Gerichtsreporter und war viele Jahre Lokalchef der Oldenburgischen Volkszeitung.
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