Die Vorwürfe wiegen schwer: Die niedersächsische Landesschulbehörde und das Kultusministerium unternähmen nichts gegen die Ungleichbehandlung von behinderten Schülerinnen und Schülern. Dabei hätten sie sich doch Inklusion und Teilhabe auf die Fahne geschrieben.
Es reicht, meinen die Eltern der Friesoyther Elisabethschule. Sie wollen das ihrer Ansicht nach offensichtliche Nichtstun der Politik nicht mehr hinnehmen. Der Schule mit den Förderschwerpunkten Lernen, Sprache und geistige Entwicklung mangelt es an Pädagogischen Fachkräften. Zum zweiten Mal wenden sie sich mit einem Brief an Ministerpräsident Stephan Weil und Kultusminister Grant Hendrik Tonne.
Es fehlen 238 Stunden pro Woche
Direktorin Ilona Stiefs liefert die Zahlen: Aktuell sind 21 Pädagogische Fachkräfte mit einer Stundenzahl von 12 bis 38,5 Stunden für 200 Schülerinnen und Schüler verantwortlich. Bewerber und Bewerberinnen gäbe es theoretisch genug, berichtet Stiefs, doch die Stellen würden nicht bewilligt werden. Genauer fehlen 238 Stunden pro Woche, die laut Ministeriumserlass der Schule zustehen – das ergibt 7,8 freie Stellen.
Die Unterstützung soll den Kindern die Teilhabe am Unterricht ermöglichen. Je nach Beeinträchtigung des Kindes sei unterschiedlich viel Beistand nötig. Es gebe eine Unterscheidung zwischen unterrichtsbegleitenden und therapeutisch arbeitenden Fachkräften, erklärt Stiefs. Erstere sind ausgebildete Erzieherinnen und Erzieher oder Heilerziehungspflegerinnen und -pfleger. Therapeutisch Arbeitende hätten zum Beispiel die Ausbildung zu Logopädinnen und Logopäden oder Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten durchlaufen.
Belastung für die Lehr- und Fachkräfte wächst
Immer öfter komme es vor, dass therapeutisch arbeitende Kräfte für die Unterrichtsbegleitung einspringen müssen, berichtet Stiefs. Das führe wiederum dazu, dass Therapiestunden ausfallen müssten, kritisieren die Elternvertreter. Die Schulleiterin begrüßt die Reaktion der Eltern: "Das Problem beschäftigt ja alle Förderschulen und nicht nur uns."
Dabei sei das keine Kritik an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Elisabethschule, die bereits ihr Bestes leisten würden. Doch die Belastung sei zu groß. Durch die Pandemie hätten sich die Anforderungen an die Lehr- und Fachkräfte nur noch verschärft, erzählt Schimmelpfennig.
Auch die Lehrkräfte müssten sich auf die Betreuung konzentrieren, sodass der Unterricht darunter leide. „Leidtragende sind immer die Kinder“, meint Schimmelpfennig. Dabei hätten die Schülerinnen und Schüler einen Rechtsanspruch auf Bildung.
In dem Brief fordern die Eltern Lösungsvorschläge
Deshalb baten die Elternvertreter der Elisabethschule schon im Dezember die Politik um Hilfe. Aber es gab keine Reaktion. "Nicht einmal eine Eingangsbestätigung", so Ingo Schimmelpfennig und Marvin Ziegler.
Als im Herbst des vergangenen Jahres Unterrichtskürzungen aus dem Defizit folgten, seien nur einige Lehrerstellen eilig bewilligt worden, berichten die Elternvertreter. An pädagogischen Fachkräften fehle es weiterhin.
Bis jetzt würden die Landesschulbehörde und das Kultusministerium den eigenen Erlass nicht erfüllen. „Dieses Jahr steht eine Landtagswahl an“, erinnert Schimmelpfennig. Das Schreiben soll neben den Landtags- und Bundestagsabgeordneten aus der Region sogar dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte vorliegen. In dem Brief fordern die Eltern Lösungsvorschläge von der Politik.