Essener spenden massenhaft für Geflüchtete
In nur wenigen Tagen bereitete die Gemeinde mit Tempo und viel Liebe im Don-Bosco-Haus alles für die Ankunft von Menschen aus der Ukraine vor. Dem Namenspatron hätte es gefallen.
Georg Meyer | 17.03.2022
In nur wenigen Tagen bereitete die Gemeinde mit Tempo und viel Liebe im Don-Bosco-Haus alles für die Ankunft von Menschen aus der Ukraine vor. Dem Namenspatron hätte es gefallen.
Georg Meyer | 17.03.2022
Hergerichtet: Jede Familie erhält ein eigenes Zimmer. Foto: G. Meyer
Der Name der Mutter steht auf einem liebevoll verzierten Zettel an der Zimmertür. Wer sie öffnet, betritt ein kleines Babyparadies. Über dem Kinderbett schwebt ein Mobile, es gibt eine Wickelkommode und auch im Bad fehlt es an nichts. Die junge Ukrainerin, die hier mit ihrem nur wenige Tage alten Säugling einziehen wird, soll sich wohlfühlen. In Windeseile hat die Gemeinde Essen das Don-Bosco-Haus in Calhorn auf die Ankunft von Geflüchteten vorbereitet. Auf der Suche nach einer größeren Unterbringungsmöglichkeit sei man unweigerlich auf die leerstehende Bildungsstätte gekommen, berichtet Bürgermeister Heiner Kreßmann. Der neue Besitzer des ehemaligen Salesianer-Domizils, die Volksbank Essen-Cappeln, stellte das Gebäude sofort zur Verfügung. Zu tun gab es anschließend mehr als genug. Die Heizung musste wieder angeklemmt werden. Wasser und Strom waren zum Glück kein Problem. Weil die Zimmer bereits komplett ausgeräumt waren, fehlte es vor allem an Möbeln. Betten, Regale, Tische und Stühle: Alles habe erst einmal organisiert werden müssen, erklärt Lisa Altmann. Die Rathausmitarbeiterin leitete die Aktion gemeinsam mit ihrer Kollegin Jana Garling. Dabei war das Duo aber auf Hilfe aus der Bevölkerung angewiesen. Die kam. Und wie! Nach einem Aufruf im Internet brachen förmlich alle Dämme. "Es war unfassbar. Die Menschen überschwemmten uns mit Sachspenden", staunt Altmann. Im Lager türmen sich noch immer zahlreiche Kartons, Säcke und Tüten. Sogar eine komplette Küche wurde geliefert und eingebaut. Aus der gesamten Gemeinde schleppten Privatleute Lebensmittel, Kleidung und andere Gebrauchsgüter heran. Die Helfer richteten in einem Seitenflügel eine ansehnliche Kleiderbörse ein. Lisa Altmann legt die Stirn in Falten. „Wir brauchen noch ein Katzenklo“, sagt sie und sieht sich suchend um. Einige Geflüchtete haben ihre Haustiere dabei. Eigentlich sollten in dieser Woche zunächst 15 Ukrainer nach Calhorn kommen. Als für sie alles vorbereitet war, erhielt Altmann die Mitteilung, dass kurzfristig noch einmal die gleiche Anzahl unterzubringen sei. Dabei handelt es sich fast ausschließlich um Frauen und Kinder. Das Team begann erneut zu rotieren. Am Mittwochabend schließlich war fast alles geschafft. Was noch fehlt, ist das W-Lan. Für die Frauen, die ihre Männer in der Ukraine zurücklassen mussten, dürfte es unverzichtbar sein. Sie werden es bekommen. "Dabei hilft uns Elon Musk", berichtet Lisa Altmann stolz. Eine Quakenbrücker Firma verbindet das Don-Bosco-Haus mit dem Starlink-Netz des exzentrischen Milliardärs. Der Tesla-Chef hatte mit seinen Satelliten zuvor bereits dem ukrainischen Militär geholfen. Am Donnerstag dann trafen die ersten Geflüchteten in Calhorn ein. Jede Familie erhielt ein eigenes Zimmer. Eine Person wurde nach einem positiven Covid-Test zunächst isoliert. Auch daran mussten die Helfer denken. Am Ende einer harten Woche sind sie einigermaßen abgekämpft, aber zufrieden. Im Rathaus selbst hatte die Arbeit zuletzt auf nur wenigen Schultern geruht, weil Corona dort besonders zuschlug. Sogar den Bürgermeister erwischte es. Heiner Kreßmann zollte seinen Mitarbeitern und den vielen Freiwilligen denn auch besondere Anerkennung. "Was sie geleistet haben, ist wirklich unglaublich." Wie lange das Leben ins Don-Bosco-Haus zurückkehrt, steht in den Sternen. Eine Befristung gibt es nicht, zurzeit zählt nur die Gegenwart. Ihren Alltag sollen die Bewohnerinnen möglichst selbstständig regeln. Auf Hilfe werden sie dennoch angewiesen sein. Calhorn liegt nicht gerade am Nabel der Welt. Mehrere Einwohner hätten sich aber schon dazu bereiterklärt, Fahrdienste zu übernehmen, berichtet Lisa Altmann. Sie rechnet nicht damit, dass die einzelnen Geflüchteten lange in der Erstaufnahme bleiben. Wer sie verlässt, dürfte aber schnell durch Neuankömmlinge ersetzt werden. Einige Ukrainerinnen kommen außerdem in Räumen des Integrationsbüros an der Josefstraße in Essen unter. Dessen Mitarbeiter erwartet jetzt ebenfalls viel Arbeit. "Wir werden einen langen Atem haben müssen", vermutet Altmann. Bislang haben die Essener sich wacker geschlagen. "Es war unfassbar. Die Menschen überschwemmten uns mit Sachspenden."Lisa Altmann
Einwohner bieten Fahrdienste an
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