"In der Gemeinde Essen herrscht Wohnungsnot". Der Satz klingt alarmierend und so ist er auch gedacht. Formuliert hat ihn die CDU-Ratsfraktion. In einem Antrag fordert sie jetzt die Verwaltung auf, nach Lösungen für das Problem zu suchen.
Betroffen vom Wohnraummangel sind aus Sicht der Fraktion aktuell junge Paare, Familien, Alleinstehende und Senioren – also praktisch alle. Vor allem Menschen, die auf Sozialwohnungen angewiesen sind, stehen in Essen oft vor verschlossenen Türen. Zwar sei die Gemeinde gerade dabei, neue Baugebiete zu erschließen. Doch nicht jeder könne es sich leisten, dort ein Eigenheim zu errichten, sagt Fraktionschef Jürgen Meyer. "Auch für sie muss ausreichend Wohnraum zur Verfügung stehen. Wir sollten als Kommune ein Interesse daran haben, dass zum Beispiel junge Leute, die bei uns eine Ausbildung machen, auch in Essen wohnen können."
Am Montag soll der Antrag im Gemeinderat vorgestellt werden. Die CDU gibt der Verwaltung darin Anregungen, wie sie das Problem angehen könnte und schlägt unter anderem die Überprüfung öffentlicher Liegenschaften und die Suche nach Baulücken vor. Auch die Gründung einer Wohnungsbaugesellschaft solle überlegt werden. Zudem macht sich die Fraktion für Mehrgenerationsprojekte stark.
Verwaltung informiert sich in Ostdeutschland
Bei Bürgermeister Heiner Kreßmann ist das Thema längst angekommen. Im vergangenen Jahr hat der Zuzug von Geflüchteten die Wohnsituation noch einmal verschärft. Die Gemeinde musste auf das leerstehende Don-Bosco-Haus in Calhorn zurückgreifen. Zurzeit leben dort etwa 66 Menschen. Die Lage sei jetzt "soweit im Griff", sagt Kreßmann. "Wir wissen aber nicht, was bis zum Sommer passiert." Und nicht alle Geflüchteten kämen aus der Ukraine. Asylbewerber müssten nach der Anerkennung ihrer Anträge eigentlich aus den Sammelunterkünften ausziehen, wohnten dort aber mangels Angeboten oft jahrelang weiter.
Aktuell werden in Essen rund 60 Mietwohnungen benötigt, schätzt Kreßmann. Um einen echten Wohnungsmarkt aufzubauen, müsse aber eine noch deutlich größere Auswahl entstehen. Bei der Suche nach Lösungen informiert sich die Verwaltung inzwischen auch in anderen Teilen Deutschlands. Im Osten der Republik etwa entstünden gerade interessante Projekte, berichtet Kreßmann. "Dort sind sie es gewohnt, aus ihren bescheidenen Mitteln das Beste zu machen."
Kreisweit besteht hoher Neubaubedarf
Auch der Landkreis Cloppenburg bestätigt die Einschätzung der Essener CDU-Fraktion. Das Defizit an kleinen Wohnungen zeige sich in vielen Kommunen, teilt die Behörde mit. Als Gründe führt sie den niedrigen Bestand und die geringe Neubautätigkeit an. Der Kreis hat bis zum Jahr 2030 einen Neubaubedarf von insgesamt 5700 Wohnungen errechnet. Die Stadt Cloppenburg ist davon sogar ausgenommen. Die kreiseigene Wohnungsbaugesellschaft führt in der Gemeinde Essen 31 Wohnungen in ihrem Bestand, davon sind 24 in Sozialbindung. Den Wohnungsbau möchte auch Heiner Kreßmann fördern. Selbst zur Bauherrin werde die Gemeinde aber nicht, betont er.
Dass gehandelt werden muss, bestätigt ein Blick auf die demografische Entwicklung. Laut dem Landesamt für Statistik wird die Bevölkerung im Landkreis in den nächsten 18 Jahren um bis zu 9,5 Prozent wachsen. Dann würden zwischen Barßel und Essen etwa 185.000 Menschen leben, über 12.000 mehr als im Jahr 2020. Zunehmen wird besonders die Gruppe der Älteren, während der Anteil der Erwerbstätigen zurückgeht. Die Nachfrage nach Wohnungen für ein oder zwei Personen dürfte deshalb weiter steigen.