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Ein Extremwochenende für die Feuerwehren im Oldenburger Münsterland

Nachdem mit „Antonia“ das dritte Sturmtief in wenigen Tage durch den Nordwesten gezogen ist, können die Kameraden durchatmen. Die Wehren zeigten sich am Montag durchaus erschöpft.

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Die Grundschule Brockdorf (unten rechts im Bild) blieb verschont: Mehrere Tannen stürzten auf die Zerhusener Straße. Größere Schäden entstanden aber offenbar nicht. Foto: Feuerwehr Brockdorf

Die Grundschule Brockdorf (unten rechts im Bild) blieb verschont: Mehrere Tannen stürzten auf die Zerhusener Straße. Größere Schäden entstanden aber offenbar nicht. Foto: Feuerwehr Brockdorf

Ylenia, Zeynep, Antonia – drei Sturmtiefs sind zuletzt über Norddeutschland hinweggezogen und haben auch im Oldenburger Münsterland an vielen Bäumen gerüttelt und Ziegel von den Dächern gefegt. Tote gab es in den Landkreisen Cloppenburg und Vechta glücklicherweise nicht zu beklagen, Verletzte hingegen schon: In Garrel wurde ein Autofahrer von einem umstürzenden Baum schwer verletzt, andernorts gab es Leichtverletzte. In Barßel brannte eine Scheune ab; die Feuerwehren konnten verhindern, dass das Feuer auf andere Gebäude übergriff (wir berichteten).

Die Nordwestbahn hatte wiederholt den Betrieb auf den Strecken durch die Landkreise Cloppenburg und Vechta einstellen müssen; die Züge von Osnabrück über Vechta nach Delmenhorst etwa konnten am Montag erst am späten Vormittag wieder fahren. Auf der Verbindung Oldenburg – Cloppenburg – Osnabrück fuhren die Züge bereits am Montagmorgen wieder, wie die Nordwestbahn erklärte. Zuvor hatte es Erkundungsfahrten gegeben.

Die Feuerwehr geht an ihre Grenzen

Die Feuerwehren im Landkreis Cloppenburg zeigten sich am Montag durchaus erschöpft vom Dauereinsatz der vergangenen Tage. Kreisbrandmeister Arno Rauer erklärte gegenüber unserer Redaktion, die Kameraden seien „an ihre Grenzen gegangen“. Teilweise wären die Kräfte 12 bis 16 Stunden im Einsatz gewesen – und das unter Corona-Bedinungen, also unter anderem mit FFP2-Maske. Er zeigte sich erleichtert darüber, dass es keine „größeren personellen Schäden“ unter den Feuerwehrleuten gegeben habe.

Der Sturm fachte die Flammen erst richtig an: In Barßel fing am Freitagabend – mitten im Sturm Zeynep – eine Scheune Feuer. Das Gebäude brannte zwar ab, ein Übergreifen der Flammen auf andere Gebäude konnten die alarmierten Feuerwehren aber verhindern. Landwirtschaftliche Geräte und abgestellte Wohnwagen konnten nicht mehr gerettet werden.
Foto: Kreisfeuerwehr Cloppenburg/Kröger
Konnte dem Sturm nicht standhalten: Eine Birke am Schulzentrum an der Ringstraße in Löningen liegt am Sonntagmorgen auf dem Boden.
Foto: Johannes Siemer
Leichtes Spiel: Der Wind riss im Cloppenburger Stadion an der Friesoyther Straße ein Tor aus dem Boden.
Foto: privat
Nicht der einzige Einsatz: Auch die Lastruper Feuerwehr musste zahlreiche umgestürzte Bäume von den Straßen räumen.
Foto: Feuerwehr Lastrup
Hätte den Zugverkehr beeinträchtigt, wäre dieser nicht ohnehin eingestellt worden: Immer wieder fielen Bäume und Äste auch auf Schienen.
Foto: Feuerwehr Cloppenburg / Lichtfuß

Gleichwohl: Die vergangenen Tage seien „keine leichte Zeit“ gewesen, sie hätten den Wehren „einiges abverlangt“. Denn: Wenn es stürmt und windet, ist es natürlich auch für Feuerwehrleute gefährlich. In Lindern etwa mussten Räumungsarbeiten an einer Einsatzstelle wegen des Wetters in der Nacht zu Samstag zeitweise unterbrochen werden, weil die Arbeitsbedingungen zu gefährlich waren, wie der stellvertretende Gemeindebrandmeister Marco Vorges erklärte. Andernorts dürfte es ähnlich gewesen sein.

Gegenüber den Sturmtiefs „Ylenia“ und „Zeyep“, die zuerst über den Nordwesten zogen und viele Bäume zu Fall brachten, sei das Sturmtief „Antonia“ etwas harmloser gewesen, erklärte Rauer. Denn: Viele wackelige Bäume seien in den vorherigen Stürmen schon umgefallen.

Ein Wegekreuz wird Opfer von "Zeynep"

Rauer lobte die Zusammenarbeit mit der Großleitstelle Oldenburger Land – auch im Voraus. So habe die frühzeitige Information über das aufziehende Wetter ermöglicht, dass alle wichtigen Vorbereitungen rechtzeitig getroffen werden konnten: Kraftstoff wurde besorgt, Kettensägen bereitgelegt.

Bäume und Äste – auch im Kreis Vechta lösten sie den größten Teil  der Einsätze aus. Eines der bekannteren Opfer der Stürme dürfte das Wegekreuz bei Holtvogt an der Timpner Straße in Lutten sein (siehe Foto). Eine dahinterstehende Tanne wurde umgeworfen und fiel in genau dem Winkel um, dass das 1950 aufgebaute Kreuz völlig zerstört wurde (siehe Bildergalerie).

Zerstört wurde auch ein Teil des Dachs der Lohner Adolf-Kolping-Schule. Das Flachdach eines Gebäudeteils wurde vollständig abgerissen. Eine Dachdeckerfirma machte sich am Samstag aber gleich daran und sorgte für eine provisorische Bedachung, was bei Facebook umgehend lobend von Landrat Tobias Gerdesmeyer gewürdigt wurde.

Auch Haus- und Gartenbesitzer können mithelfen

Und die Feuerwehr im Kreis Vechta? Vor allem eine Sturmnacht wie unter „Zeynep“ könne „durchaus gefährlich“ für die Kameraden werden, sagt etwa der Vechtaer Ortsbrandmeister Christian Heitmann. Im Großen und Ganzen aber habe alles „gut geregelt“ werden können, erklärte er jetzt. Und: Ein solcher Sturm führe zwar zu vielen Einsätzen, dazwischen habe es zumindest in Vechta aber auch lange Bereitschaftszeiten gegeben.

Zugleich machte der erfahrene Feuerwehrmann klar: Die Kameraden zerlegen nicht jeden umgestürzten Baum. Wenn keine Gefahr vorliegt, bleibt auch mal etwas liegen; zumal die Feuerwehrleute sich selbst sichern müssten. Und er appelliert an Haus- und Gartenbesitzer, auch im Vorfeld von Stürmen genau zu schauen, wie man Haus und Hof sicher machen könne. Oder, wie Heitmann mit ironischem Unterton am Telefon fordert: „Macht eure Hausaufgaben!“

Wer sind die wahren Helden?

Auch Stefan Abshof, Abteilungsleiter Einsatz bei der Großleitstelle Oldenburger Land, zeigt sich in Summe zufrieden. Die Einsatzdisponenten seien zu keinem Zeitpunkt überfordert gewesen, erklärte er. Man habe nicht den Überblick verloren. Aber: An die Grenzen sei man schon gekommen.

Das illustrieren auch die Zahlen: Normalerweise habe die Leitstelle, die für einen Großteil des Oldenburger Landes verantwortlich ist, etwa 6000 bis 7000 Feuerwehreinsätze pro Jahr. Allein am vergangenen Wochenende hingegen seien es schon mehr als 1000 Notrufe für die Feuerwehr gewesen. Oder: Normalerweise schieben 5 Kollegen in der Leitstelle in einer Nacht Dienst; während der Stürme seien es in der Spitze 20 gewesen. Sein Fazit: So viel Arbeit über einen so langen Zeitraum, das habe er bisher noch nicht erlebt.

Der Sturm machte auch vor Kreuzen nicht Halt: Eine Tanne stürzte das Wegekreuz bei Holtvogt an der Timpner Straße in Lutten um und zerstörte es völlig.
Foto: Frieling
Die Grundschule Brockdorf (unten rechts im Bild) blieb verschont: Mehrere Tannen stürzten auf die Zerhusener Straße. Größere Schäden entstanden aber offenbar nicht.
Foto: Feuerwehr Brockdorf
Glück im Unglück in Bieste: Ein Baum stürzte auf dieses Auto, der Fahrer blieb aber unverletzt.
Foto: Depeweg
Die Teerpappe flog fort: Die Adolf-Kolping-Schule in Lohne verlor ihr Dach. Handwerker stellten es aber in einer Eilaktion wieder her.
Foto: Rickert
Ein Glück, dass niemand drin saß: Eine Kiefer zerstörte in Lohne ein parkendes Auto. 
Foto: Feuerwehr Lohne / Tombrägel

Und trotzdem betont Abshof: Die „wahren Helden“ seien die ehrenamtlichen Feuerwehrleute, die nach getaner Arbeit stundenlang zu den Einsätzen ausgerückt sind – bei Wind und Wetter. Und was für einem.

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