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Ein bisschen Streik darf sein

Kolumne: Batke dichtet – gestreikt wird aktuell viel. Das ist aber kein neues Phänomen.

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Die Zeichen stehen auf Streik. Das Klima wird bestreikt, Busse und Bahnen bleiben in den Depots, Flieger heben nicht ab. Was in der vergangenen Woche alles nicht lief, soll nur ein kleiner Vorgeschmack auf das sein, was der Frühlingsmonat März streikmäßig noch bieten könnte. Die Gewerkschaft Verdi oder der Beamtenbund gefallen sich in ihrer Rolle als Spaßbremse des Alltags, wollen einen kräftigen Schluck aus der Pulle und kommen mit Maximalforderungen daher: 10,5 Prozent mehr Geld sollten es bitteschön doch schon sein, mindestens aber 500 Euro plus – im Monat, nicht im Jahr.

Wenn ich an meine persönlichen Streikerfahrungen zurückdenke, fällt mir die Studentenzeit in Göttingen Mitte der 70er Jahre ein. Gestreikt wurde irgendwie immer, bestreikt eigentlich alles – von der Cafeteria bis zum Althochdeutsch-Seminar. Demonstriert wurde auch gern, man schloss beim Marsch durch die Innenstadt neue Bekanntschaften und sang mit ihnen Kampflieder ab. Die Demos wurden gern auf einen Mittwoch gelegt, um die Streiktage Donnerstag und Freitag einzuläuten und damit ein sehr langes Wochenende.

"Wenn ich an meine persönlichen Streikerfahrungen zurückdenke, fällt mir die Studentenzeit in Göttingen Mitte der 70er Jahre ein. Gestreikt wurde irgendwie immer, bestreikt eigentlich alles – von der Cafeteria bis zum Althochdeutsch-Seminar."Alfons Batke

Auch zu Beginn meines Arbeitslebens hielt ich Streiks für die normalste Sache der Welt. Vor Beginn meiner Redakteursausbildung hatte ich seinerzeit (März 1978) das Absolvieren einer Probewoche mit dem Verlag vereinbart – dumm nur, dass sie ausgerechnet in die Arbeitskampfwoche der IG Druck und Papier fiel, die gegen die Einführung neuer rechnergesteuerter Textverarbeitungssysteme aufbegehrte. Was dazu führte, dass auch die heimische Tageszeitung nur als Notausgabe mit vier mickrigen Seiten erschien. Ich wurde zu drei Terminen geschickt, schrieb drei Artikel; einer davon erschien – 2,5Wochen später. Immerhin: Der holprige Auftakt hat mir die Lust auf den Job nicht nehmen können.

Verdi, Beamtenbund, IG Metall, Arbeitskampfhelden wie der renitente Ober-Lokführer Weselsky oder damals der Verdi-Dirigent mit dem schwer auszusprechenden Namen Bsirske – und noch viel früher der wuchtige ÖTV-Boss Heinz Kluncker: alles Namen, die sich eingebrannt haben und für eine starke Interessenvertretung stehen. Was für mich nach einem langen Arbeitsleben Fragen aufwirft: Wer vertritt eigentlich meine Interessen als Ruheständler? Warum gibt es nicht längst eine Deutsche Rentner-Gewerkschaft? Und würden wir es schaffen, mit einem Senioren-Streik das Land lahmzulegen?

Auf die Grauen Panther können wir nicht zählen, sie sind in der Versenkung verschwunden. Fangen wir also im Kleinen an, organisieren wir uns hier im Oldenburger Münsterland, wo das zusammenwachsen soll, was so schwer zusammenwachsen will. Fangen wir Senioren damit an. Brechen wir auf zu einer Demo auf unseren E-Bikes mit Start in Vechta und Cloppenburg, um uns dann zur Großkundgebung im Emsteker Ecopark zu treffen. Vor dem ersten Warnstreik würden wir dort unsere Forderungen publik machen: 15 Prozent höhere Renten, mindestens aber 600 Euro mehr im Monat. Steuerfrei!


Zur Person:

  • Alfons Batke blickt auf eine über 40-jährige journalistische Laufbahn zurück.
  • Er lebt als freier Ruheständler in Lohne.
  • Den Autor erreichen Sie unter redaktion@om-medien.de.

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