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Ehrenamt – nein danke?

Kolumne: Notizen aus dem wahren Leben – wer heutzutage ein Ehrenamt übernehmen möchte, sieht sich häufig im Zwiespalt. Denn immer weniger Menschen wollen sich dafür fest oder längerfristig binden.

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Auf den ersten Blick scheint diese Frage für das Oldenburger Münsterland bedeutungslos zu sein. Hier gibt es ja noch viele Vereine und unzählige freiwillige Helfer in karitativen, kirchlichen und anderen Organisationen. Das Ehrenamt ist nach wie vor ein zentraler Pfeiler unseres alltäglichen Lebens. Warum also Grund zur Sorge?

Aufhorchen ließ mich die vor 2 Jahren beschlossene Einführung einer Dienstpflicht für die Freiwillige Feuerwehr auf Wangerooge. Mit Ach und Krach konnte die Umsetzung in letzter Minute durch die Gewinnung einiger aus freien Stücken beigetretener Kameradeninnen und Kameraden verhindert werden.

Für meinen Vater wäre das eine schier undenkbare Situation gewesen. Für ihn war es selbstverständlich und verpflichtend, sich ehrenamtlich einzubringen und Verantwortung in der und für die Gemeinschaft zu übernehmen. Sein freiwilliges Engagement war mit einer Menge Arbeit verbunden. Machte ihn aber auch zu einem gewissen Maße glücklich. Wie oft hat meine Mutter gesagt, dass mein Vater mehr mit seinen Ehrenamtsposten als mit ihr verheiratet sei?!

"Ehrenamtliches Engagement muss wieder mehr Spaß machen und natürlich wertgeschätzt werden.“Elisabeth Schlömer

Die bisher weit verbreitete Ansicht, ehrenamtliche Betätigung steigere das Wohlbefinden, hat durch zwei vor einigen Monaten veröffentlichte Langzeitstudien unter Beteiligung der Uni Vechta erhebliche Risse bekommen. Die wissenschaftlichen Untersuchungen mit mehr als 36.000 Befragten kommen zu dem Ergebnis, ehrenamtliches Engagement hat kaum positive Auswirkungen auf das Wohlbefinden. Geselligkeit mit Freunden und Bekannten aber schon.

Für mich ein alarmierendes Ergebnis. Ehrenamt nur noch aus Pflichtbewusstsein? Kaum möglich in unserer durch Individualismus geprägten Gesellschaft. Ich sehe da nur einen Weg: Ehrenamtliches Engagement muss wieder mehr Spaß machen und natürlich wertgeschätzt werden.

Nicht gewünschte längerfristige Bindungen oder das Ablehnen organisatorischer Verantwortung dürfen kein Hinderungsgrund für eine ehrenamtliche Beteiligung sein. Selbst wenn jemand nur einen Tag im Jahr zum Beispiel für einen Besuchsdienst zur Verfügung steht, sollte er herzlich willkommen sein.

Die erforderliche neue Flexibilität führt zu einem Problem

Die Ehrenamtsagentur in Cloppenburg füllt diese neue Ausrichtung bereits mit Leben, indem sie Personen, die ehrenamtlich tätig werden wollen, an die Stellen mit einem entsprechenden Bedarf vermittelt. Letztes Wochenende fand ihr „Heldensamstag“ statt. Sozusagen ein Schnupperkurs für die Ehrenamtlichen der Zukunft.

Aber auch viele andere ehrenamtliche Institutionen haben sich neu ausgerichtet. Die für das Wohlbefinden der Akteure erforderliche neue Flexibilität führt aber auch zu einem Problem: erheblich größerer Organisationsaufwand. Von Ehrenamtlichen werden diese Herausforderungen kaum zu erfüllen sein. Der vermehrte Einsatz hauptamtlicher Kräfte wird daher unverzichtbar werden. Hier ist Politik gefragt. Trotzdem gilt mehr denn je: Ehrenamtliche herzlich willkommen! Wäre das nicht auch was für Sie?


Zur Person:

  • Elisabeth Schlömer wohnt in Cloppenburg.
  • Sie war Leiterin des Ludgerus-Werkes Lohne bis zu ihrem Ruhestand 2019. Momentan ist sie ehrenamtlich tätig bei den „Machern – zu jung um alt zu sein“ und beim SKF Cloppenburg.
  • Die Autorin erreichen Sie unter: redaktion@om-medien.de.

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