Der erste Teil ist erledigt: Die Einwohnerinnen und Einwohner der Friesoyther Kanaldörfer Ahrensdorf, Edewechterdamm, Heinfelde, Ikenbrügge, Kampe, Kamperfehn und Schwaneburgermoor haben trotz Corona in nur 13 Monaten einen 239-seitigen Dorfentwicklungsplan auf die Beine gestellt. Dieser Plan muss jetzt noch vom Planungsausschuss und vom Stadtrat beschlossen werden und geht dann an das Amt für regionale Landesentwicklung (ArL) in Oldenburg. Dort wird entschieden, ob die Kanaldörfer in den kommenden acht bis zehn Jahren konkrete Förderanträge für ihre zahlreichen Projekte, Maßnahmen und Vorhaben stellen können.
Andreas Brinker von der Agentur "Regionalplan & uvp Planungsbüro Peter Stelzer", der die Entwicklung des Planes im Auftrag der Stadt begleitete, ist da optimistisch. "Das ArL saß die ganze Zeit mit im Tisch, dort wird man dann also nicht ewig prüfen müssen", sagt er. Auch wenn der Plan vielleicht etwas umfangreicher ausgefallen ist, als vom ArL erwartet. "Das ist schon ein gewaltiges Ding, das die Bürgerinnen und Bürger der Kanaldörfer da entwickelt haben", betont Brinker. "Dabei hatten wir anfangs echte Bedenken, ob das in Coronazeiten mit der Beschränkung auf die digitale Welt überhaupt klappen kann." Am Ende sei das aber vielleicht sogar ein Vorteil gewesen. "Wir hatten viele junge Eltern dabei, die per Video abends von zuhause aus teilgenommen haben, aber vielleicht nicht zu Treffen im Dorfgemeinschaftshaus hätten kommen können."
69 Vorhaben in 5 Handlungsfeldern und 12 Priorisierungsstufen
In dem Dorfentwicklungsplan sind alle Projekte im Detail erläutert, Kernstück ist eine Liste mit 69 einzelnen Vorhaben in 5 Handlungsfeldern, die in den Kanaldörfern umgesetzt werden sollen. Die Maßnahmen sind in 12 Priorisierungsstufen eingeteilt, je nachdem, ob sie Bedeutung über die Dorfregion hinaus, nur für die Region, für ein einzelnes Dorf oder nur für ein lokales Projekt haben (A bis D) und ob sie kurz-, mittel- oder langfristig (1 bis 3) umgesetzt werden sollen. Ganz oben in der Prioritätenliste stehen A1-Vorhaben, die schnell umgesetzt werden sollen und über die Dorfregion hinaus von Bedeutung sind. Weniger Konzentration wird zunächst auf die D3-Maßnahmen gelegt, die für ein rein lokales Projekt von Bedeutung sind und erst zu einem späteren Zeitpunkt anstehen.
Zu den A1-Vorhaben gehören beispielsweise eine stärkere Vernetzung der Vereine, das Thema "Kultur am Kanal", die Stärkung des (auch barrierefreien) Angelsports, die Umgestaltung mehrerer Dorfplätze, der inhaltliche und räumliche Ausbau von Angeboten für Jugendliche oder auch die Aufwertung der bestehenden Grillhütte am Wendehafen in Schwaneburgermoor zu einem Treffpunkt. Auch die fehlende Barrierefreiheit und die unbefriedigende Verkehrssicherheit der Kanalbrücken sind mit A1 priorisiert. "Natürlich wissen alle, dass in der Dorfentwicklung keine Brücke gebaut werden kann", so Brinker. "Aber es ist ein Signal, dass wir für viele Projekte wie etwa die verbindende Fahrradrundtour auch vernünftige Radwege brauchen."
„Es muss in den Anträgen auch deutlich werden, dass möglichst viele Steuerzahler etwas von dem jeweiligen Projekt haben.“Andreas Brinker, Regionalplan & uvp Planungsbüro
Für die einzelnen Projekte können, wenn der Dorfentwicklungsplan genehmigt ist, jährlich bis zum 15. September konkrete, mit Kostenvoranschlägen versehene Förderanträge beim ArL eingereicht werden. "Was dann gefördert werden kann, hängt zunächst einmal davon ab, wie viel Geld Bund und Land zur Verfügung stellen", erläutert Brinker. Um dieses Geld treten alle eingereichten Vorhaben aller Dorfregionen dann nach dem 15. September in einen Wettbewerb. "Es muss in den Anträgen auch deutlich werden, dass möglichst viele Steuerzahler etwas von dem jeweiligen Projekt haben", betont Brinker. Die Förderquote liegt bei 43 bis 73 Prozent und ist abhängig von der Finanzkraft der Kommune.
Ob Brinkers Agentur auch die Umsetzungsphase begleiten kann, ist offen. Das Planungsbüro hat seinen Auftrag jetzt weitestgehend erfüllt und müsste sich bei einer eventuellen Ausschreibung neu bewerben. Zum jetzigen Zeitpunkt ist Brinker vor allem sehr zufrieden mit dem, was die Bürgerinnen und Bürger der Kanaldörfer entwickelt haben. "Die Teilnehmer haben sehr schnell `überdörflich´ gedacht und gearbeitet, haben Projekte im großen Zusammenhang gesehen und nach Synergieeffekten gesucht", erzählt er. Ziemlich schnell sei etwa klar gewesen, dass nicht jedes Dorf für Veranstaltungen eine Beschallungsanlage oder mehrere hundert Stühle benötigt, wenn man sich das auch gegenseitig ausleihen kann. "Die aktiven Leute in den Dörfern kennen sich jetzt alle", so Brinker. "Wir hoffen, dass der Austausch jetzt weitergeht."
- Info: Die Prioritätenliste der Vorhaben und die Protokolle des bisherigen Projektverlaufs in den Kanaldörfern sind auf der Webseite der Stadt Friesoythe abgelegt.