Das Nachrichtenportal vonMünsterländische Tageszeitung MT undOldenburgische Volkszeitung OV

Deshalb wird die Schwangerenberatung immer komplexer

2048 Fälle verzeichnete die Beratungsstelle der Caritas 2022. Fast die Hälfte der Frauen kommt mittlerweile aus dem Ausland, knapp 60 Prozent haben keinen Berufsabschluss.

Artikel teilen:
Wachsender Bedarf: Immer mehr Frauen, die die Schwangerschaftsberatung aufsuchen, haben vielschichtige Probleme. Foto: dpa/M. Murat

Wachsender Bedarf: Immer mehr Frauen, die die Schwangerschaftsberatung aufsuchen, haben vielschichtige Probleme. Foto: dpa/M. Murat

Sie stammen aus Moldawien. Haben zwei Kinder, mit denen sie vor 3 Jahren nach Deutschland kamen. Das dritte ist unterwegs. Beide Eltern arbeiten Vollzeit als Produktionshelfer, teilen sich die Schichten einer Stelle auf. Das Geld reiche ihnen dennoch nur knapp zum Leben, schildert die Delmenhorster Caritas-Beraterin für Schwangerschaftsfragen, Ruth Bock-Janik. Statt der 70 Quadratmeter-Wohnung habe sich bisher noch keine bezahlbare größere gefunden. Damit zählt das Paar als einer von 2048 Fällen, die im letzten Jahr an einem der 13 katholischen Beratungsorte für Fragen rund um die Schwangerschaft im Oldenburger Land die Schwelle zum Beratungszimmer überschritten haben.

Frauen aus 39 Nationen haben im letzten Jahr eine Beratung gesucht

Zugewanderte Schwangere, wie sie in Delmenhorst oft an die Caritas-Tür klopfen, bestätigt Bock-Janik. Aus 39 Nationen seien die Ratsuchenden 2022 gekommen. Die Frauen alleine oder auch mit ihrem Mann oder Partner. 339 Fälle insgesamt in Delmenhorst. Ein Drittel dieser Menschen kam aus Deutschland, ein Drittel aus dem EU-Ausland und ein Drittel aus Ländern wie Syrien, Afghanistan oder dem Irak. Damit weichen die Delmenhorster ab von den oldenburgischen Caritas-Gesamtzahlen, wonach 2022 45 Prozent der Klientinnen einen deutschen Pass hatten, 14 Prozent aus dem EU-Ausland kamen und 25 Prozent von außerhalb der EU.

Fälle, die komplexer geworden sind, schildert Bock-Janik. Bei denen die Beratung nicht mehr wie früher 60, sondern jetzt auch mal 100 Minuten dauert. Bei denen es in Einzelfällen bis zu 40 Kontakte Auge in Auge oder per Telefon gibt. Frauen, die ohne Krankenversicherung kommen. Schwangere, in Einzelfällen erst 15 oder 16 Jahre jung und mit ihrem 18-jährigen Partner voller Vorfreude im Beratungszimmer. Oder auch Frauen, die mit 45 zum ersten Mal schwanger werden. Schwangere, von denen aufs Oldenburger Land bezogen knapp 60 Prozent keinen Berufsabschluss hatten und 40 Prozent ledig waren.

Von Klientinnen, für welche die katholischen Beraterinnen 1087 Anträge bei der Bundes-Stiftung „Mutter und Kind“ gestellt haben und die mit 860.000 Euro bewilligt wurden, berichtet Caritas-Fachberaterin Rita Schute. Weitere 160 Anträge bei kirchlichen Stiftungen im Bistum Münster, wodurch zusätzlich rund 63.000 Euro bewilligt wurden. Sexualpädagogische Beratung in Schulen wird auch angeboten.

Es geht längst nicht nur um die Schwangerschaft

Einen weiteren Schwerpunkt gibt es in Delmenhorst und an anderen Standorten – jenseits vor jeder Schwangerschaft: sexualpädagogische Bildung. Will sagen: Workshops in Schulen zu Pickeln oder fettiger Haut in der Pubertät, zum Thema „LGBT" oder zur Frage, wie man später einmal Beziehung möchte. Das Frauenbild aus Gewalt verherrlichenden Tik-Tok-Videos in den 67 Workshops im letzten Jahr zurechtzurücken, sei eines der Ziele gewesen, schildert Caritas-Referentin Kathrin Schomaker. „Denn damit gehen die jungen Menschen sonst ins Erwachsenenalter.“

Während Pornografie für die jährlich rund 1000 Schüler vor 5 Jahren noch kein Thema gewesen sei, tauche es heute immer stärker auf. Erstmals habe man das Programm im letzten Jahr auch an einer Förderschule angeboten. Auch das Tablet  und damit der Einsatz neuer Medien sei fester Bestandteil der Arbeit geworden. Denn: „Dr. Sommer aus der Bravo kennt niemand mehr“, wissen die Expertinnen.


Fakten:

Beratungsstellen rund um das Thema Schwangerschaft gibt es in Trägerschaft des Sozialdienstes katholischer Frauen in:

  • Cloppenburg mit den Außenstellen in Barßel, Friesoythe und Löningen
  • Vechta mit der Außenstelle in Damme
  • Weitere Informationen sind hier online oder bei Rita Schute, Landes-Caritasverband, unter der Telefonnummer 04441/8707-0 erhätlich.

Das neue E-Paper ist da: Mit einem deutlich besseren Lesekomfort inkl. Vorlesefunktion, täglichen Rätseln und einer Audiothek. Ab sofort erhältlich unter mein.om-online.de oder im App-Store bzw. Google-Playstore.  

Das könnte Sie auch interessieren

Hier klicken und om-online zum Start-Bildschirm hinzufügen

Deshalb wird die Schwangerenberatung immer komplexer - OM online