Das Nachrichtenportal vonMünsterländische Tageszeitung MT undOldenburgische Volkszeitung OV

Den Moment festhalten

Kolumne: Die Generation Z zeigt's Ihnen – Meine Kindheit ist gut dokumentiert in Fotoalben. Doch seitdem jedes Handy knipsen kann, hat sich das deutlich geändert.

Artikel teilen:

Einen Vorteil hatte das regnerische und stürmische Wetter der vergangenen Tage: Es war möglich, den Frühjahrsputz vorzuziehen und da fiel sie mir in die Hände – meine Fotoschachtel. Und plötzlich war ich in einer Zeitmaschine, die mich zwischen den Jahren hin- und hergebeamt hat. Denn sorgfältig nach Jahren und Ereignissen geordnete Fotoalben (mit passender Beschriftung) gibt es von mir nämlich nur aus der Kindheit, als meine Mutter noch für die Bilder zuständig war.

Als Teenager und junge Erwachsene hat sich das dann geändert. Schließlich habe ich, wie viele andere, stets mein eigenes „Album“ mit Kamera in der Tasche. Auf unseren Smartphones tummeln sich haufenweise Fotos und Videos, die vom letzten Urlaub oder vergangenen Partynächten erzählen können. Außerdem ist es heute kinderleicht und schnell, Bilder per Messenger-Dienste an Freunde und die Familie zu senden. So füllt sich die eigene Galerie sehr schnell. Doch durch die Flut von Daten und der ständigen Verfügbarkeit einer Kamera habe ich auch festgestellt, dass es manchmal gar nicht so einfach ist, das eine „perfekte“ Bild zu finden, das den Moment am besten festhält.

"Schließlich hat ein akkurat dokumentiertes Album mit Kindheits- und Jugenderinnerungen einen hohen persönlichen Wert."Meike Wienken

Zugegeben, ich war nie der Typ für aufwendig gestaltete Alben, der neben die Fotos womöglich noch ein paar Sandkörner oder kleine Muscheln vom letzten Strandurlaub klebt. Nicht, dass sich diese sentimentalen Erinnerungen nicht auch bei mir finden – sie sind eben in einer Schachtel verpackt. Oder eben auf dem Handy oder irgendwelchen externen Festplatten (nur eben ohne Deko). Wenn ich mir dann die Bilder anschaue, ist es so, als würde man bei seiner Lieblingsserie einen Zufallsgenerator einstellen: Da gibt es lustige Folgen, in der die Protagonistin (ich) mit schiefem Pony und Zahnspange in die Kamera grinst; es gibt mysteriöse Folgen (was ist eigentlich aus meiner Klassenkameradin auf dem Foto geworden?) – und es gibt ganz blöde oder traurige Folgen (wann habe ich eigentlich das letzte Mal mit ihm gesprochen oder wie hört sich nochmal ihr Lachen an?).

Die Bildersammlung aus der nun gefundenen Box reicht von Klassenfahrten, Geburtstagsfeiern, alten Urlaubsbildern mit der Familie bis hin zum Abiball. Alles Bilder, die ich mühevoll ausgesucht habe, die es bisher aber nicht in ein Album geschafft haben. Eines der Dinge, die ich „irgendwann später“ erledigen wollte – schade, eigentlich. Schließlich hat ein akkurat dokumentiertes Album mit Kindheits- und Jugenderinnerungen einen hohen persönlichen Wert. Es ist ein Stück Lebenserinnerung, für die ich sorgsam die Besten für mich auswähle. Doch das ist das Problem: Es kostet Zeit. Seien es Gruppenfotos oder Selfies, heutzutage kommt kein Motiv mehr allein – und mal ehrlich: Wer guckt abends nochmal alle Fotos durch und sortiert aus? Ich jedenfalls nicht. Also, sollte auch beim Fotografieren die Regel gelten: Weniger ist mehr. Am Ende geht es doch darum, den Moment festzuhalten.


Zur Person:

  • Meike Wienken ist Volontärin der OM-Medien.
  • Die Autorin erreichen Sie unter der E-Mail: redaktion@om-medien.de

So verpassen sie nichts mehr. Mit unseren kostenlosen Newslettern informieren wir Sie über das Wichtigste aus dem Oldenburger Münsterland. Jetzt einfach für einen Newsletter anmelden!

Das könnte Sie auch interessieren

Hier klicken und om-online zum Start-Bildschirm hinzufügen

Den Moment festhalten - OM online