Das Nachrichtenportal vonMünsterländische Tageszeitung MT undOldenburgische Volkszeitung OV

Dammer Fotograf setzt sich für Freilassung eines inhaftierten Journalisten ein

Der US-amerikanische Journalist Evan Gershkovich wurde in Russland aufgrund von Spionage-Vorwürfen verhaftet. Martin von den Driesch gehört zu denjenigen, die dagegen öffentlich protestieren.

Artikel teilen:
Den Kreml im Rücken: Martin von den Driesch (links) mit Andrea Perrot und Jakob Schmidbauer im Juli 2019 während einer Friedensexpedition auf dem Roten Platz in Moskau. Foto: von den Driesch

Den Kreml im Rücken: Martin von den Driesch (links) mit Andrea Perrot und Jakob Schmidbauer im Juli 2019 während einer Friedensexpedition auf dem Roten Platz in Moskau. Foto: von den Driesch

Martin von den Driesch kennt sich wie kaum ein Zweiter aus der Region in Russland, oder besser gesagt, dessen Hauptstadt aus. Mehr als 12 Jahre lang lebte der Fotojournalist in Moskau. Nun setzt sich der gebürtige Dammer für die Rechte eines inhaftierten Journalisten des Wall Street Journals ein: Der Russland-Korrespondent Evan Gershkovich ist am 29. März vom russischen Inlandsgeheimdienst FSB unter dem Vorwurf der Spionage festgenommen worden. Zum ersten Mal seit dem Kalten Krieg führt Russland damit ein Spionageverfahren gegen einen ausländischen Reporter durch. 

Von den Driesch machen die Entwicklungen in seiner früheren Heimat große Sorgen. "Es reiht sich leider nahtlos an andere Unrechtmäßigkeiten unter Putin ein", sagt der 54-Jährige. Als einer von mehr als 300 Journalisten aus mehr als 20 Ländern hat er daher eine Protestnote gegen die Inhaftierung unterzeichnet. Befreundete Journalisten hatten ihm im Vorfeld von der Protestnote, die an den russischen Außenminister Sergej Lawrow adressiert ist, in Kenntnis gesetzt. Diese wurde am Anfang dieser Woche veröffentlicht. 

Von den Driesch glaubt an Unschuld Gershkovichs

"Ich kenne Gershkovich nicht persönlich, habe aber viele ausgezeichnete Reportagen von ihm gelesen. Er ist bestimmt kein Spion", ist von den Driesch überzeugt, der aktuell in Berlin lebt. Der 31-jährige US-Amerikaner Gershkovich ist der Sohn jüdischer Exilanten aus der Sowjetunion und liebt das Heimatland seiner Eltern. Nun droht ihm dort eine Gefängnisstrafe von bis zu 20 Jahren. Die Hoffnungen sind gering, dass er freigelassen wird. Spionageprozesse werden in Russland unter strenger Geheimhaltung und unter Ausschluss der Öffentlichkeit geführt, welche zumeist in einer Verurteilung enden. Moskau hat der US-amerikanischen Botschaft sogar das Besuchsrecht entzogen.

"Es ist leider eine typische Sache der letzten 15 Jahre. Personen, welche die Regierung loswerden will, werden ohne vorzeigbare Beweise verhaftet", meint von den Driesch. Überwiegend handele es sich dabei um unbequem gewordene Landsmänner, die wegen "Steuerproblemen" inhaftiert werden oder plötzlich von der Bildfläche verschwinden. Ein Spionage-Verfahren gegen einen ausländischen Reporter sei nun ein weiterer trauriger Höhepunkt.

"Ich liebe Russland, aber bin gegen das Russland, was sich aktuell unter Putin entwickelt."Martin von den Driesch

Dabei bleibt von den Driesch weiterhin ein großer Russland-Liebhaber. "Ich liebe Russland, aber bin gegen das Russland, was sich aktuell unter Putin entwickelt", so von den Driesch. Von 1994 bis 2006 hat er in Moskau gelebt und gearbeitet. Er hat dort auch seine spätere Ehefrau Julia kennengelernt. Als freier Foto-Journalist hat er für diverse Tageszeitungen aus Moskau berichtet – auch für die Oldenburgische Volkszeitung, die ihm jedes Jahr eine Akkreditierung über das russische Außenministerium gewährte.

"Wenn man in Russland regelmäßig tätig ist, sollte man eine Akkreditierung haben", so von den Driesch. Seit dem russischen Angriffskrieg habe sich für die Journalisten die Situation vor Ort aber noch einmal spürbar geändert. Die Angst unter seinen früheren Kollegen sei mittlerweile sehr groß.

Dabei konnte sich von den Driesch, der seit der Pandemie mit der Drohnenfotografie in seiner alten südoldenburgischen Heimat ein zweites Standbein aufgebaut hat, lange Zeit seines Lebens vorstellen, in Moskau alt zu werden. Insbesondere die wilden 1990er waren für ihn eine unglaublich spannende Zeit, in der sich Moskau zu einer sehr westlichen Stadt gewandelt habe. Die Epoche unter dem damaligen Präsidenten Präsident Boris Jelzin war aufregend und vom Aufbruch, aber auch von Chaos geprägt. Gleichzeitig wurde die Meinungs- und Pressefreiheit unter Jelzin aber kaum angetastet, so von den Driesch. Er sagt: "Die aktuellen Entwicklungen gehen leider in eine ganz andere Richtung."

  • Info: Weiteres zu der Inhaftierung des Wall Street Journalisten Evan Gershkovich und der journalistischen Protestnote gibt es auf der eigens erstellten Homepage unter https://www.freegershkovich.com/.

So verpassen sie nichts mehr. Mit unseren kostenlosen Newslettern informieren wir Sie über das Wichtigste aus dem Oldenburger Münsterland. Jetzt einfach für einen Newsletter anmelden!

Das könnte Sie auch interessieren

Hier klicken und om-online zum Start-Bildschirm hinzufügen

Dammer Fotograf setzt sich für Freilassung eines inhaftierten Journalisten ein - OM online