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Bewegendes Gedenken im Cloppenburger Ratssaal

Die Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit Oldenburger Münsterland hatte am Holocaust-Gedenktag 27. Januar zum feierlichen Erinnern eingeladen.

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Ein Gedenkkranz liegt am Mahnmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin. Foto: dpa / Pedersen

Ein Gedenkkranz liegt am Mahnmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin. Foto: dpa / Pedersen

Seit 1996 ist der 27. Januar in der Bundesrepublik der „Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus“. Das Datum erinnert an die Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau durch die Rote Armee im Jahr 1945. An diesem Tag gedenkt man der über sechs Millionen Juden und der vielen weiteren Opfer, die während der nationalsozialistischen Herrschaft von 1933 bis 1945 ermordet wurden.

Zu einer Feierstunde mit Filmvorführungen hatte die Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit Oldenburger Münsterland in den Ratssaal der Stadt Cloppenburg eingeladen. 60 Cloppenburger Bürger nahmen an der Gedenkfeier teil.

Film über die Lebensgeschichte der Cloppenburger Jüdin Hildegard Simon-Gernsheimer wurde vorgeführt

In seiner Begrüßung hob der Vorsitzende der Gesellschaft, Karl Sieverding, das Schicksal der jüdischen Cloppenburgerin Hildegard Simon-Gernsheimer und des letzten Oldenburger Landesrabbiners, Prof. Dr. Leo Trepp, hervor. Mehrfach hatte die Zeitzeugin auich in Cloppenburger Schulen über das Leben im Konzentrationslager berichtet und stieß dabei auf großes Interesse.

Unter dem Titel „Von Cloppenburg nach Amerika“ erzählt die Überlebende des Holocaust in einem Film von ihrem Leben und den Erlebnissen während der NS-Zeit. Mit einem Kindertransport im Dezember 1938 entkam sie der NS-Hölle und emigrierte nach England, 1944 fand sie in Pennsylvania eine neue Heimat. Im Alter von 92 Jahren verstarb sie am 27. März 2019 in ihrer Wahlheimat Reading/Pennsylvania.

„Ich fühle noch immer den Schmerz einer gestohlenen Heimat“, sagt der Rabbiner und Religionsgelehrte Trepp in einem zweiten Film mit dem Titel „Der letzte Rabbiner – Die Geschichte des Leo Trepp“. Seine Zuhörer zieht er dabei nicht nur mit seiner tiefen und klaren Stimme in seinen Bann, sondern auch mit dem Umstand, dass er der letzte noch lebende Rabbiner war, der bereits vor dem Holocaust in Deutschland amtiert hatte. „Man habe zwar den Juden aus Deutschland vertreiben können aber nicht Deutschland aus dem Juden“, heißt es in der filmischen Dokumentation.

Sie entkam dem Holocaust: Die gebürtige Cloppenburger Jüdin Hildegard Simon-Gernsheimer. Bildschirmfoto: HeidkampSie entkam dem Holocaust: Die gebürtige Cloppenburger Jüdin Hildegard Simon-Gernsheimer. Bildschirmfoto: Heidkamp

Zeit seines Lebens vertrat Trepp, der nach den Novemberpogromen 1938 in das KZ Sachsenhausen verschleppt wurde, die Haltung, dass nur Wissen gegen Vorurteile schützt. „Das Schlimme ist, dass es uns nicht gelungen ist, die ganze deutsche Gesellschaft umzuwandeln.“ Wichtig sei es vor allem, den Kindern klarzumachen, dass sie keine Schuld tragen an dem, was ihre Eltern und deren Vorfahren getan haben. „Heute haben wir wieder die Situation, dass der Antisemitismus wieder salonfähig geworden ist“, lautet das nüchterne Fazit von Trepp. Er fordert dazu auf, dass Deutschland zum Vorkämpfer für Menschenrechte und gegen Antisemitismus werden müsse.

Aus Anlass der Feier zur Einweihung der Synagoge im Jahr 1866 hielt Trepp am 6. September 2006 im Ratssaal Cloppenburg die Festansprache. Der letzte Landesrabbiner verstarb am 2. September 2010 in San Francisco/USA.

Die Gesangsgruppe Viertakter“: Bewegende Lieder trugen (von links) Katharina Abeln, Petra Ellmann-Sieverding, Niklas Bäumer und Josef Schürmann vor. Foto: HeidkampDie Gesangsgruppe „Viertakter“: Bewegende Lieder trugen (von links) Katharina Abeln, Petra Ellmann-Sieverding, Niklas Bäumer und Josef Schürmann vor. Foto: Heidkamp

„Wir können von der Geschichte nur lernen, wenn wir uns an sie erinnern. Es ist und bleibt eine immerwährende Verantwortung Deutschlands, aller Opfer, die gedemütigt, verfolgt, gequält und ermordet wurden, zu gedenken“, dankte der stellvertretende Bürgermeister, Dr. Marco Beeken, der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit Oldenburger Münsterland für die Ausrichtung der Feierstunde. Beeken bezeichnete das KZ Auschwitz als eine Stätte unvorstellbaren Grauens. „Das Gedenken am heutigen Tag ist allen NS-Opfern gewidmet und ruft uns alle dazu auf, jeglichen Anfängen von Rassismus, Intoleranz und Inhumanität mit aller Macht und Entschlossenheit entgegenzutreten“, rief Dr. Beeken zu einem entschlossenen und gemeinsamen Handeln auf.

Mit bewegenden jüdischen Kirchenliedern eröffnete und begleitete die Gesangsgruppe „Viertakter“ mit Katharina Abeln, Petra Ellmann-Sieverding, Josef Schürmann und Niklas Bäumer die Feierstunde.

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