Männer mit Bart wirken häufig eher grimmig. Bärtig, bräsig, brummelig kommen sie daher und entpuppen sich häufig bei näherem Hinsehen doch als durchaus freundliche Zeitgenossen. Der Bart und mit ihm das Haupthaar entfachten schon immer eine Bedeutung, die über das rein Haarige deutlich hinausging. Wie eine Maske verändert er den Menschen.
Luther übersetzte das Alte Testament an der bartbetreffenden Stelle mit der Aufforderung: Ihr sollt euer Haar am Haupt nicht rundherum abschneiden noch euren Bart stutzen. Das Christentum kennt keine eindeutige Barttracht. Der katholische Klerus war überwiegend glatt rasiert. Der Cloppenburger Heinz-Dieter "Ritter Archibald“ Grein dagegen ist seit Jahren stolzer Träger eines langen weißen Bartes, ein Eigengewächs, das in diesen Nikolaus- Tagen einen nicht zu unterschätzenden Heimvorteil und Ausweis überragender Kernkompetenz darstellt.
Das erste Haar erscheint bei den Ohren
Erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wird der Vollbart salonfähig. Endokrine Vorgänge im Körper pushen den Bartwuchs am Ende der männlichen Pubertät. Zunächst taucht an der Oberlippe ein leichter Flaum auf. Kurz danach erscheint das erste Haar bei den Ohren, da dort der eigentliche Bartwuchs beginnt. Etwas später sprießen die ersten Haare auch am Kinn, wo diese sich dann Richtung Hals ausbreiten. Zum Schluss greift das Haar noch auf die Wangen über.
Das Barthaar zählt zu den sekundären Geschlechtsmerkmalen und wird ausgelöst durch das Androgen Testosteron. Und damit sind wir auch schon bei Johann Wimberg und Sven Stratmann, bekannt aus Presse und Politik. Was die beiden Herren gemeinsam haben und warum ihnen ein Platz in der Kolumne gebührt? Nun, sie sind beide Politiker. Okay. Aber davon gibt’s ja noch mehr als genug. Sie sind beide Friesoyther. Na gut, auch nicht gerade das überragende Gemeinschaftsmerkmal. Nichts gegen die Wallsitter, aber das reicht nicht.
Die Mitbewerber waren glattrasiert
Nein, Sven und Johann sind die Bartträger des Oldenburger Münsterlandes. Die Bartträger an sich, sturmerprobt und zugewachsen. Von den Ohren hin zu den Wangen über das Kinn bis zur Oberlippe: Das Androgen hat bei beiden Männern sein Bestes gegeben. Dem Testosteron wurde nichts geschenkt. Bravo für solch männliche Meisterleistung.
Sven Stratmann ist der Bürgermeister der Hansestadt Friesoythe und hat gerade mit Vollbart und Volldampf die Kommunalwahl gewonnen, und das als Sozi in der Pfahlbürger-Hochburg. Sein Mitbewerber war glatt rasiert, was möglicherweise dessen Chancen nicht gerade verbesserte. Des Bürgermeisters Bart kann sich weithin sehen lassen und wird seit Jahr und Tag getragen. Ganz so lang gehört Landrat Johann Wimberg noch nicht zu den Vollbärtigen. Aber auch sein Gesichtsbewuchs kann mit Bürgermeisters Stoppeln durchaus mithalten. Auch er ein Gewinnertyp und Sieger gegen einen Glattrasierten. Man kannte ihn ja noch, als er einer von uns Glattrasierten war. Und als die Übergangszeit zwischen glattrasiert und Vollwuchs anbrach, vermutete mancher, ihm habe die Zeit zur vollständigen Körperpflege gefehlt oder Gattin Claudia sei für längere Zeit im Urlaub. Doch irgendwann nach quälend langen Wochen war klar: Der Mann meint's ernst.
"Denn in früheren Zeiten sah man den Bart als Zeichen der Kraft und als Zierde der Männlichkeit"Otto Höffmann
Was hat die beiden umgetrieben, ihren Typ in der Mitte des Lebens völlig neu zu erfinden. Denn ein dunkler Vollbart formt einen anderen Menschen. Sie werden sich schon was dabei gedacht haben. Denn in früheren Zeiten sah man den Bart als Zeichen der Kraft und als Zierde der Männlichkeit. Womöglich war es das. Vielleicht auch nur unterbewusst. Sei's drum. Männlichkeit oder Zierde, Faulheit vor dem Rasieren oder neuer Typ in der Mitte des Lebens. Sie haben sich entschieden und sind damit unterscheidbarer geworden zu ihren Kollegen im Landkreis.
Und wenn man beiden Herren noch um den Bart gehen möchte, indem man ihnen Honig um den denselben schmiert, schmeichelte man ihnen mit der Feststellung, so ein Gesichtsgewächs könnte schließlich nicht jeder so gut tragen wie diese zwei Mannsbilder. Damit ist auch bei dieser Kolumne der Bart ab. Denn "Barba non facit philosophum", wussten schon die alten Römer: „Ein Bart macht noch lange keinen Philosophen“. Das gilt für Landräte wie für Bürgermeister und nicht zuletzt für Kolumnenschreiber.
Zur Person:
- Otto Höffmann ist Rechtsanwalt in Cloppenburg.
- Den Autor erreichen Sie unter der E-Mail-Adresse redaktion@om-medien.de.