Archäologen legen historische Gräber vor der St.-Andreas-Kirche in Cloppenburg frei
Womöglich wurden über 1000 Jahre Tote auf dem heutigen Kirchengelände begraben. Überall lägen Knochen verstreut, sagen die Forscher. Und sie machten noch einen weiteren Fund.
Knochenjob: Die Archäologen kratzen, graben und fegen einen historischen Weg frei. Foto: Niemeyer
Dort, wo Klaus Steinkamp gräbt, könnten 40 Generationen unter der Erde liegen. Womöglich haben die Menschen aus dem heutigen Raum Cloppenburg hier mindestens 1000 Jahre lang ihre Toten begraben, erklärt der Cloppenburger Hobbyarchäologe. Oft reiche schon ein einzelner Spatenstich in das "Bodenarchiv", wie Steinkamp sagt, um Knochen zu finden. "Das ist hochspannend", schwärmt er. "Wir könnten hier bis in die vorchristliche Zeit zurückblicken."
Die Archäologen arbeiten auf dem Gelände der St.-Andreas-Kirche in Cloppenburg, wo derzeit im Rahmen einer kompletten Neugestaltung des Geländes Abrissarbeiten stattfinden. Unter anderem sind dort ein neues Pfarrheim, eine neue Bücherei und ein Verwaltungs- und Beratungszentrum geplant.
Das archäologische Fachbüro "Denkmal3D" begleitet die Abrissarbeiten. "Das ist eine 'Ausgrabung light'", sagt der promovierte Archäologe Dr. Gösta Ditmar-Trauth. Solange die Abrissarbeiten stattfinden, wollen die Archäologen auf dem Gelände bleiben. Das Team habe bereits Keramikbruchstücke aus der Zeit um das Jahr 800 gefunden, sagt er. Ditmar-Trauth vermutet, dass es sich dabei um Bruchstücke alter Urnen handeln könnte, die für die damals übliche Brandbestattung genutzt wurden – bevor das Christentum zur vorherrschenden Religion in Cloppenburg wurde.
Kirchhof bis 1877 als Friedhof genutzt
Überall lägen Knochen verstreut, sagt Ditmar-Trauth. Schon etwa 50 Zentimeter unter den Pflastersteinen finden sich die ersten Gräber und Gebeine, erklärt Steinkamp. Bis in die 1870er Jahre sei das Gelände als Friedhof genutzt worden, sagt er. Dann musste die Kirchengemeinde wegen "Überbelegung" einen neuen Friedhof anlegen.
Schützt das "Geschichtsdepot" unter der Erde: Hobbyarchäologe Klaus Steinkamp. Foto: Niemeyer
Die Archäologen sammeln die gefundenen Knochen behutsam auf und untersuchen sie. Ein Friedhofsgärtner solle die Gebeine später nachbestatten, erklären Steinkamp und Ditmar-Trauth. Üblicherweise werde dafür ein Sammelgrab angelegt, so Steinkamp. Wohl auf dem neuen Friedhof. "Es ist uns extrem wichtig, pietätvoll mit den Gebeinen umzugehen", fügt er hinzu.
Neben den Knochen haben die Archäologen außerdem einen alten Weg unter der Erde entdeckt. Sie graben, kratzen und fegen die Feldsteine vorsichtig frei. Vermutlich sei der Weg im Zweiten Weltkrieg nach Bombeneinschlägen in benachbarte Gebäude verschüttet worden, glaubt Steinkamp. Anhaltspunkte, wann genau er gebaut wurde, gebe es kaum. Jedoch haben die Archäologen Keramikstücke aus dem 17. Jahrhundert zwischen den Steinen gefunden, sagt der Cloppenburger Geschichtsforscher. Offenkundig habe der Weg den Küstern gedient. "Mit welchen Sorgen und Nöten sind sie über die Jahrhunderte hier wohl drüber gelaufen?", fragt Steinkamp sich.
Wohl im Zweiten Weltkrieg verschüttet: Ein alter Weg für die Küster der Kirchengemeinde. Foto: Niemeyer
Für den Cloppenburger ist das "Geschichtsdepot" unter der Erde ein historischer Schatz. Er sieht seine Aufgabe darin, die Informationen über Cloppenburgs Geschichte zu sammeln und zu schützen. "Wenn die Baugruben hier von den Baggern ausgegraben werden", sagt er, dann seien auch die Möglichkeiten der Archäologen für immer erloschen.