An sechs Mauern in Friesoythe liegen Klagen und Hoffnung nah beieinander
Auf Initiative des Friesoyther Pfarreirates ist die Aktion in Kooperation mit den BBS entstanden. Wer möchte, kann seine Gedanken aufschreiben. Die Zettel sollen gesammelt und ausgewertet werden.
Mauerwerk: In Zusammenarbeit mit den BBS Friesoythe entstand das Projekt des Pfarreirates. Foto: Wimberg
Grund zum Klagen gibt es in der katholischen Kirche reichlich. Die Berichte über sexuellen Missbrauch von Geistlichen reißen nicht ab und die jüngsten Veröffentlichungen der Uni Münster offenbarten nun schonungslos auch das Versagen der Kirche im Oldenburger Land. Sexuelle Übergriffe hat es laut der Studie in allen Dekanaten des Bistums gegeben. In der Friesoyther Kirchengemeinde erschütterte der Fall des Priesters Helmut Behrens, dessen Taten vertuscht statt angeklagt wurden.
Ökumene ist ein weiteres Thema, das bewegt. Die mangelnde Bereitschaft mancher Kirchenfürsten, sich für den Zusammenschluss von katholischer und evangelischer Kirche zu öffnen, provoziert vielfach die Basis. Denn die Tatsache, dass in Deutschland nicht mal mehr 50 Prozent der Menschen dem Christentum angehören, müsse zum Umdenken animieren, zeigen sich weite Teile überzeugt.
Kirche und Kirchtumdenken, Seelsorge und Strukturen sorgen nicht zuletzt in der eigenen Pfarrei für Gesprächsstoff. Und wer seinen Ärger, seine Sorgen und Ängste im Großen wie im Kleinen nun direkt kundtun oder aber auch Wünsche, Hoffnungen und Danksagungen loswerden möchte, erhält dazu in der Friesoyther St.-Marien-Gemeinde die Gelegenheit. In sechs Gotteshäusern wurden auf Initiative des Pfarreirates „Klage-Hoffnung-Mauern“ aufgestellt, an denen alle Generationen eingeladen sind, zu verweilen und sich zu äußern. Zettel, die nach der Beschriftung ins Mauerwerk gesteckt werden, liegen mit Stiften bereit. Die Aktion bleibt anonym.
Botschaften: Wer sich schriftlich geäußert hat, kann seinen Zettel ins Mauerwerk stecken. Foto: Wimberg
„Es gibt zurzeit Gegebenheiten in unserer katholischen Kirche, die Anlass zu bitteren Klagen und großer Besorgnis geben. Der Pfarreirat möchte diese Sorgen, düsteren Empfindungen sowie vielleicht auch ermutigende Ideen und Anregungen teilen, sie lesen, eventuell an entsprechende Stellen weiterleiten und auch im Gebet in den Gottesdienst einbringen“, erläutert Vorsitzende Dr. Annette Gründing. Die Zettel sollen in regelmäßigen Abständen entnommen, gesammelt und ausgewertet werden. „Wir hoffen auf zahlreiche Besucher“, so Gründing und erinnert an die Klagemauer in Jerusalem und ähnliche Projekte in anderen Gemeinden, die die Friesoyther zu ihren Mauern inspiriert haben.
Ein besonderer Dank geht an Stefan Siemer und Gerd Neugebauer von den BBS Friesoythe, die mit den Schülern der Berufseinstiegsklassen das Vorhaben aktiv unterstützten. Die von ihnen gestalteten Wände sollen für einige Wochen stehenbleiben.