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Als alles besser war

Gästebuch: Die einstigen Politik-Neulinge, die auf Etikette keinen Wert legten, wollen uns nun selbst bevormunden.

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"Früher war alles besser", maulen manche und meinen, das Leben sei überschaubarer, geordneter und heiler gewesen als heute. Man achtete noch die Regeln, orientierte sich an ihnen oder arrangierte sich mit ihnen. Ja ja, die gute alte Zeit. Alt ja. Aber gut? Oder besser? Heute wird alles infrage gestellt, alles angezweifelt. Wo ist Orientierung? Wo soll es langgehen? Warum sagt uns denn keiner, was los ist und wohin die Reise geht? Wer steht noch für Recht?

Was brauchte man schon einen Gurt im Auto?

Natürlich wurde im Käfer oder Kadett gequalmt, was der Stängel hergab. Und hat es uns Kinder geschadet? Froh waren wir, wenn es Fleisch am Sonntag gab, weshalb es ja Sonntagsbraten hieß. Zu viel Fleisch? Pah! Schmalhans war als Küchenmeister lange entlassen. Die Häuser in den Siedlungen der Oldenburger-Münsterland-Dörfer sahen alle gleich aus. Die Volksvertreter in den Räten, früher mehr Bauern, dann mehr Lehrer und danach der Mittelstand, achteten strikt auf Walmdach oder Satteldach, Traufenhöhe oder Pfannenfarbe. Siedlung sollte es sein, einheitlich und gleich. Das Gutshaus lag am Ortsrand. Im Forst. Für den Gutsherrn (m, w, d) galt keine Siedlungsregel.

Alles dahin. Gebaut wird in unseren Dörfern ohne Ende, als wenn es kein Morgen für Einfamilienhäuser mehr gäbe. Und jeder, wie er will: blaue Pfannen, bunter Stein, glattgebügelt, rau verputzt. Holz oder Glas oder Stoff, egal. Die Gärten sehen aus wie in Fernost. Jeder macht, wie es ihm gefällt. Niemandem wird was vorgeschrieben. Und überall lockt die Hüpfburg.

Da können wir aber froh sein, dass wir die Grünen haben. Die Grünen, Sie wissen schon, das sind diejenigen, die vor einem halben Jahrhundert in die Parlamente einzogen, die so Outfits trugen wie dicke bunte Pullover und grüne Strümpfe und gelbe Schals und die zum Präsidenten sagten: "Mit Verlaub, Herr Präsident, Sie sind ein Arschloch." Sie pfiffen auf Etikette und verfügten: Hinweg mit der Einengung, auf den Müll mit den Zwängen, Entfaltung der Unabhängigkeit ist angesagt, Freiheit, die wir meinen.

"Die Grünen, Sie wissen schon, das sind diejenigen, die vor einem halben Jahrhundert in die Parlamente einzogen, die so Outfits trugen wie dicke bunte Pullover und grüne Strümpfe und gelbe Schals und die zum Präsidenten sagten: "Mit Verlaub, Herr Präsident, Sie sind ein Arschloch."Otto Höffmann

Vergangene Zeiten. Tempi passati, wie die Lateiner unter uns sich auszudrücken pflegen. Jetzt rudern die einstigen Rebellen zurück. Sie versuchen, einige der Geister, die sie riefen, zurückzupfeifen. Doch die Zahnpasta geht nicht mehr in die Tube. Viele der einstigen Gefolgsleute reagieren heute allergisch auf Gebote und Verbote. Sie wollen nicht erzogen werden. Sie sind ihre eigenen Herren (m, w, d).

Ein Veggie-Day sollte es vor einiger Zeit sein. Ein fleischloser Tag in der Woche, forderten die Grünen und ernteten einen Shitstorm, der sich gewaschen hatte. Selbst hier in unserer Südoldenburger Fleisch-Hochburg. Wir lassen uns doch unser Fleisch nicht verbieten. So geriet eine eigentlich gute Idee der Grünen-Senioren unter die Räder der Verbots-Allergiker.

Jetzt kommt unser Häuflein der Verbots-Grünen in Cloppenburg Stadt und Land auf die Idee, den Häusle-Gartenbesitzern an die Kragen zu gehen. Einem Michael Jäger, in Ehren ergrautes Urgestein der Cloppenburger Grünen, seit gefühlten Jahrhunderten im Stadtrat, ist möglicherweise der Bezug zur Welt außerhalb von Rat und Ausschüssen ein wenig abhanden gekommen. Ihm juckt der Zeigefinger. Ein Verbot der Schottergärten will er und ein Bußgeld gar für den, der nicht schnell genug den Schotter räumt. Rolling Stones im Schrebergarten, Kontrolleure im grünen Rock am Gartentor.

Schottergärten? Einige mögen ihre Kieselecke wie die eigenwillige Hedwig, andere sollen damit glücklich werden. Aber Verbote und Bußgelder? Das hätte es früher nicht gegeben. Früher, als alles besser war und erst eine neue Partei kommen musste, um aufzuräumen und der Zukunft einen Weg zu bahnen, frei von Bevormundung und Gängelei. Über ihre Kieselsteine wollen Hedwig und die Gleichgesinnten auch künftig selbst entscheiden. Gleiches gilt für den fleischlosen Tag.


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