Von Heavy Metal und "Wolle" Petry
Gästebuch: Das Festival der Schwermetaller in Halen ist abgesagt. Schade. Es hätte klappen können: Wacken hat auch einmal klein und bescheiden angefangen.
Otto Höffmann | 11.03.2023
Gästebuch: Das Festival der Schwermetaller in Halen ist abgesagt. Schade. Es hätte klappen können: Wacken hat auch einmal klein und bescheiden angefangen.
Otto Höffmann | 11.03.2023
Das Spektakel ist abgesagt. Statt Hölle nur Himmel über Halen. Die Schwermetaller haben die Segel gestrichen. Zu wenig Karten abgesetzt im Vorverkauf für das Heavy-Metal-Festival im Mai. Aus mit Met und Honig. Die Hölle hätte klappen können. Wacken ist auch einmal klein und bescheiden angefangen. Warum nicht „Hölle, Hölle, Hölle“ in Halen? Wobei… Da fängt's schon an, wenn Opa vom Krieg erzählt. In Halen sollten Bands spielen, die heißen „Tanzwut“ oder „Nachtblut“ oder „Ensiferum“. „Hölle, Hölle“, brüllte einst doch „Wolle“. Also unser aller Wolfgang Petry. Wahnsinn. Und der passt eher in Cloppenburgs populären Kulturtempel, in die Stadthalle. Hier Kultur für alle. Aber weder umsonst noch draußen. Wir pfeifen auf die Unterschiede von E und U, und zwar, wenn es sein muss, aus dem letzten Loch. Endlich wieder Schlager an der Soeste, ruft es von den Plakaten und lädt zum seichten Rundum. Seniorinnen und Senioren (m, w, d) rüsten sich und schütteln sich. Sie wittern den zweiten (oder gar dritten?) Frühling und twittern um die Wette. Franzi Lehar scharrt schon mit den Hufen. Zwölf Tenöre ölen Stimmbänder. Vivaldis Antonio geht über sämtliche vier Jahreszeiten. Das ganze Fernsehen, ein einziges Quiz. Nur, weil IntendantInnen sich die Taschen vollstopfen. Und sogar die „Fab four“ rücken die Pilzkopf-Perücken wieder zurecht, streifen das letzte Hemd ohne Taschen ab und beglücken uns mit „I want to hold your hand“. Das Motto ihrer Tournee in Cloppenburg lautet „Yesterday“. Das passt. Mehr gestern geht nicht. In Zeiten wie diesen wird die Flucht nach hinten angetreten. Nach vorne weiß ja ohnehin keiner wohin und auch nicht, ob es dort besser wird. Auf der Strecke bleibt der kritische Diskurs, wie Intellektuelle sich auszudrücken pflegen. Wenn in einer Kreisstadt wie Cloppenburg, einst auch bekannt für unabhängiges Denken und gar aufmüpferisches Gebaren, die einzigen Querdenker im ursprünglich richtigen Sinne ein Ritter und ein Straßenfeger sind, ist noch viel Luft nach oben. Themen? Wo ist das Profil des Bürgermeisters, wohin sind die Visionen? Wer beklagt das, beziehungsweise wer nicht? Beredtes Schweigen im Walde. A scheene Leich. Wir stecken im Stadtverkehr fest und vor geschlossenen Läden. Früher persiflierte man den Deutschen als Michel mit der Pudelmütze, schläfrig, eingelullt und weltenfern. Den Cloppenbürgern und umzu passt die Pudelmütze, als hätten sie nie etwas anderes getragen. Gemütlichkeit kann einschläfernd sein. Komik unterwirft sich der Autorität nicht. Sie ironisiert sie. Kabarett ist das beste Beispiel. Da die "Stachelschweine" im Keller des Berliner Europa-Centers verschlafen sind und die Erben der Münchner "Lach- und Schieß" sich gerade selbst zerlegen, bleibt es an Gerhard Polt hängen. Unvergessen sein berühmtester Sketch: Herr Grundwürmer „importiert“ für „2785 Mark ab Bangkok Airport“ die Asiatin Mai-Ling. Grundwürmer alias Polt: „Sie schmutzt nicht, wie der Asiate an und für sich überhaupt nicht schmutzt. Gell, Mai-Ling?“ Der Mensch als Ware. Zeitlose Gesellschaftskritik. „A scheene Leich“, so heißt auch Polts neues Programm. Mit den Brüdern Well geht er auch wieder auf Tournee, mit 80 vital wie eh und je. Könnte man auch für die Stadthalle buchen."Mehr gestern geht nicht. In Zeiten wie diesen wird die Flucht nach hinten angetreten."Otto Höffmann
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