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Und es hat Zoom gemacht

Die Mitglieder des Lohner Chores Tonicum können sich wegen der Corona-Pandemie nicht für die gemeinsamen Proben treffen. Digital läuft es trotzdem weiter.

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Treffpunkt Tonicum: Die Chormitglieder wollten nicht Monate bis zum nächsten Termin warten; zu Beginn der Chorprobe schalten sich nach und nach die Teilnehmer dazu. Chorleiterin Leta Henderson (oben links) hat nun nicht mehr nur das Klavier, sondern auch Kamera und Mikro im Griff. Foto: Honkomp

Treffpunkt Tonicum: Die Chormitglieder wollten nicht Monate bis zum nächsten Termin warten; zu Beginn der Chorprobe schalten sich nach und nach die Teilnehmer dazu. Chorleiterin Leta Henderson (oben links) hat nun nicht mehr nur das Klavier, sondern auch Kamera und Mikro im Griff. Foto: Honkomp

"Für eine echte Chorprobe gibt es eigentlich keinen Ersatz." Davon ist Christine Holzenkamp überzeugt. Und trotzdem ist die Lohnerin seit Wochen jeden Dienstag in der Zoom-Probe ihres Chores Tonicum dabei. Genauso wie Andrea Diekmann. Sie sagt: "Zoom ist einfach eine großartige Möglichkeit, trotzdem zusammen singen zu können." Mechtild Runnebom, die vor fast genau 25 Jahren zu den Gründerinnen des Chores gehörte, sieht laut Pressemitteilung des Chores vor allem auch diesen Vorteil: "Das ist eine tolle Sache, um die Gemeinschaft zusammenzuhalten."

Dienstag, 20 Uhr: Dieser Termin ist für Christine, Andrea, Mechtild und all die anderen seit Jahren fest für die Tonicum-Probe im Forum der Von-Galen-Schule geblockt. Hier studieren sie unter der Leitung von Leta Henderson Popsongs und Traditionals ein, planen Auftritte und genießen den Ausflug in die Welt der Musik nach Feierabend. Dann kam Corona. Und statt der üblichen Lockerungsübungen zu Beginn des Treffens der Lockdown für Tonicum.

Mikro, Kamera und Laptop stets in Griffweite

Doch nicht sehr lange: Am 31. März verschickte Leta Henderson erstmals Meeting-ID und Passwort fürs Meeting auf der Online-Plattform namens "Zoom". Seitdem singt Tonicum einmal die Woche digital. „Ich war sehr beeindruckt, dass Leta so schnell reagiert hat“, erinnert sich Tonicum-Sängerin Ursel Quatmann aus dem Alt.

"Ich hatte das Gefühl, dass diese neue Situation nicht so bald vorübergehen würde", erklärt die Chorleiterin. Sie habe früh im Internet recherchiert und sich über digitale Optionen informiert. "Der Rest war Learning by Doing mit Unterstützung meines Sohnes, der sehr viel Geduld mit mir hatte", sagt die gebürtige Britin und ausgebildete Konzertpianistin. Sie schaffte fehlendes Equipment an und stellte die Möbel im Arbeitszimmer um. Nun hat sie für die Proben ihrer Chöre nicht nur das Klavier, sondern auch Mikro, Kamera und Laptop stets in Griffweite.

Video ist kein Ersatz - aber bringt etwas Chor-Alltag zurück

Klar, es gibt Probleme – wie gesagt: Zoom ist kein Ersatz. Von Klang muss man erst gar nicht sprechen, da ist nicht mehr als Blechbüchsen-Sound drin. Der Nebenmann, die Nebenfrau fehlt. Also gibt es niemanden, der hilft, den richtigen Ton zu finden, wenn der mal wieder irgendwo flöten geht. Und, auch nicht gerade schön: Jeder singt für sich allein, unterstützt von der Begleitstimme, die die Chorleiterin einspielt. Die anderen sind nicht zu hören.

Denn gemeinsames Singen ist digital nicht möglich. Das hat mit der Zeitverzögerung in der Livestream-Übertragung zu tun. Manche mögen sich an dieses Phänomen aus dem Public Viewing vergangener Zeiten erinnern: Wer das Fußballspiel via Kabel in Hörweite guckte, hatte das Tor noch nicht gesehen, das in der Stadt bereits bejubelt wurde.

Ein Problem, dem in einer Chorprobe nur mit einer gleichermaßen rigorosen wie auch paradoxen Methode beizukommen ist: Wenn alle zusammen singen, schaltet die Chorleiterin alle Sängerinnen und Sänger einfach auf "stumm". So hört sich jeder nur selbst, "und singt den Bildschirm an", wie Mechtild Runnebom unumwunden feststellt.

So sieht es sonst aus: Die Chormitglieder dürfen eine Weile nicht mehr so zusammenkommen. Foto: RunnebomSo sieht es sonst aus: Die Chormitglieder dürfen eine Weile nicht mehr so zusammenkommen. Foto: Runnebom

Und trotzdem: Die Vorteile überwiegen. "Mit diesem Termin spüren wir zumindest ein wenig Chor-Alltag. Ich habe das Gefühl, gesanglich am Ball zu bleiben", erklärt Ursel Quatmann. Und ergänzt: "Eine Zoom-Chorprobe ist anders. Manchmal auch chaotisch, aber oft sehr lustig und beim Einstudieren neuer Stücke auch erfolgreich."

Auch Christiane Beisel-Becker freut sich nach wie vor auf den Dienstagabend: " … auf Letas Schwung und ihre stimmungsvollen Liedbegleitung am Klavier – und auch darauf, die anderen wiederzusehen". Dabei bedauert sie: "Es gibt sicher auch Chormitglieder, die gern mitmachen würden, aber die technischen Hürden nicht überwinden können."

Alle lernen dazu. Auch für Leta Henderson ist die Phase des Ausprobierens noch nicht vorbei, sagt sie. "Ich glaube nicht, dass diese Form der digitalen Probe die endgültige Fassung ist." Die Chorleiterin rechnet damit, dass sie noch Zeit haben wird, weiter am Konzept zu feilen.

Singen setzt Aerosole frei

Chöre und Bläserensembles werden vermutlich noch sehr viel länger als andere Instrumentengruppen von Einschränkungen betroffen sein. Grund sind die Aerosole: Feine Partikel aus der Atemluft, die für längere Zeit innerhalb geschlossener Räume in der Luft stehen bleiben und womöglich infektiös sind. Singen und das Spielen von Blasinstrumenten erhöhen das Risiko, dass sie freigesetzt und eingeatmet werden.

Also ist Geduld gefragt. Die Lohner Sängerinnen und Sänger zumindest sind fest entschlossen, das Beste aus der Situation zu machen. So auch Klaus Schick. Er singt seit Jahren im Bass und möchte Tonicum in der Zoom-Variante nicht missen: "Ohne diese Proben würde der Abstand bis zum Wiedersehen viel zu groß werden und der Anreiz verloren gehen, sich hinzusetzen und mit den Liedern zu beschäftigen. So ist man 90 Minuten konzentriert bei der Sache – und das bringt auf jeden Fall etwas!"

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