Fremdwörter als Fluch und Segen
Kolumne: Batke dichtet – Am 20. Mai wird der „Bundesweite Fremdwörtertag“ gefeiert. Aus unserem Alltag sind sie zwar nicht wegzudenken, dennoch sind sie oft unpassend.
Alfons Batke | 19.05.2023
Kolumne: Batke dichtet – Am 20. Mai wird der „Bundesweite Fremdwörtertag“ gefeiert. Aus unserem Alltag sind sie zwar nicht wegzudenken, dennoch sind sie oft unpassend.
Alfons Batke | 19.05.2023
Gerade erst haben wir erfahren, dass jeder vierte Viertklässler nicht richtig lesen kann. Da sollte man meinen, dass der anstehende Feiertag überflüssig wie ein Kropf ist, und tatsächlich ist er auch kein offizieller. Aber von interessierter Seite wird er seit 2006 begangen – seinerzeit wurde der 20. Mai als „Bundesweiter Fremdworttag“ ausgerufen. Man mag über Sinn oder Unsinn solcher „Feiertage“ diskutieren, doch abzusprechen ist ihnen nicht, dass man sich mit dem Thema auseinandersetzt. Allen Eiferern für eine „saubere“ deutsche Sprache sei gesagt, dass schon unser aller geistiger Übervater Johann Wolfgang von Goethe sich dafür aussprach, Fremdwörter nicht zu verpönen, sondern sie in den Alltagsgebrauch aufzunehmen und als Spracherweiterung zu begreifen. Tatsächlich sind sie aus unserer Kommunikation nicht wegzudenken. Sprachforscher haben ermittelt, dass sie in gewöhnlichen Zeitungsartikeln einen Anteil zwischen 10 und 18 Prozent ausmachen, in Fachveröffentlichungen erwartungsgemäß einen noch deutlich höheren. Allerdings gibt es in unserem Alltag viele Begriffe, die wir schon gar nicht mehr als Fremdwörter wahrnehmen. Wir gehen nicht zum Fernsprecher, sondern ans Telefon. Selten verfahren wir noch nach einem Wahlspruch, sondern nach einer Devise. Briefe werden nicht mit einer Anschrift, sondern mit einer Adresse versehen, aus der Mundart ist längst der Dialekt geworden, und das Satzzeichen, das vor diese Bemerkung steht, ist eher als Komma denn als Beistrich geläufig. Ja, und wer bezeichnet sich denn heute noch als alleinstehend, was vielmehr nach einsam klingt als der Begriff Single? Bei der Spurensuche zum Thema bin ich auch auf einen interessanten wissenschaftlichen Beitrag gestoßen, der sich damit befasst, welche Begriffe es nicht geschafft haben, gewissermaßen „zurückverdeutscht“ zu werden. Nein, aus dem Botaniker ist eben nicht ein Krautbeschreiber geworden. Die Elektrisierung kann man nicht zur Blitzfeuererregung zurückstufen, auch der Begriff Meuchelpuffer hat die Pistole nicht verdrängen können. Genauso sprechen wir weiter von einer Mumie, nicht von einer Dörrleiche; auch Gottestum hat sich für Religion nicht durchgesetzt, ebenso wenig der Weiberhof für Harem oder das Spitzgebäude für Pyramide. Ganz zu schweigen von Jungfernzwinger für Nonnenkloster. Manchmal macht der Einsatz von Fremdwörtern etwas her, nicht immer treffen sie ins Schwarze, gleichwohl können sie für Heiterkeitserfolge sorgen, wie ein Blick in die Sammlung der schönsten Fußballersprüche beweist. Legendär bleibt der Satz des früheren Stuttgarter Torjägers Fritz Walter, der nach einer im Spiel erlittenen Verletzung berichtete: „Die Sanitäter haben mir sofort eine Invasion gelegt.“ Olaf Thon merkte einst an, er habe seinen Gegenspieler doch nur „leicht retuschiert“, und der frühere österreichische Nationalspieler Peter Pacult enthüllte: „Ja, der FC Tirol hat eine Obduktion auf mich.“ Oder um mit Bruno Labbadia zu sprechen: „Die Medien haben die Sache hochsterilisiert“. Immer diese Medien!„Legendär bleibt der Satz des früheren Stuttgarter Torjägers Fritz Walter, der nach einer im Spiel erlittenen Verletzung berichtete: 'Die Sanitäter haben mir sofort eine Invasion gelegt'.“Alfons Batke
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