Über eine unerwartete Entdeckung freut sich Heimatforscherin Margret Schute. Ein Verwandter hat ihr ein um 1910 entstandenes Foto seines Vaters geschickt, das ihn vor der Linderner Mühle zeigt.
Mühlenstandort heute: An der Ecke Mühlenweg und Mühlenberg ist die höhere Geländelage noch gut erkennbar. Foto: Willi Siemer
„Anliegend sende ich ein Bild von meinem Vater Peter“, schrieb Frits Klostermann aus den Niederlanden vor einigen Monaten einen Brief an eine Verwandte nach Lindern. Das angekündigte, wohl um 1910 entstandene Foto enthielt eine Überraschung und erweist sich als Zufallsfund für die Linderner Ortsgeschichte.
Das einzige, jetzt aufgetauchte Foto der Linderner Windmühle stammt aus dem Jahr 1910 und zeigt Peter Klostermannm, den Sohn des "holländischen Kaufmanns", Anton Klostermann vor der Mühle. C.Schute
Denn im Mittelpunkt des Bildes erhebt sich ein historisches Bauwerk, von dem bisher keine weiteren Abbildungen überliefert sind. Der in Marburg studierende Peter Klostermann, Sohn des „holländischen Kaufmanns“ Anton Klostermann und Ehefrau Maria geb. Schute, hatte einen Spaziergang zur Windmühle gemacht, die sich seit 1812 auf dem Mühlenberg befand. Sie war 1910 schon erkennbar baufällig und außer Betrieb. Heute erinnern nur noch die Straßennamen Mühlenweg und Mühlenberg an das Gebäude, das für mehr als 100 Jahre den ansonsten bis ins 20. Jahrhundert hinein baulich kaum erschlossenen Süden Linderns markierte. Auf dem „Stühlenesch“ im heutigen Gewerbegebiet westlich der Löninger Straße befanden sich bis 1900 nur zwei Ansiedlungen. Neben der 1808 begründeten Hofstelle der aus Garen stammenden Familie Hermann Grüßing (später Rammler) lag seit ungefähr 1820 der Hof des Schmieds Behrens-Büter (später Horstmann). Nördlich von diesen an einem heute verschwundenen Weg befand sich ein Heuerhaus des Hofes Grüßing (jetzt Wübben).
Jan Carls Bande lebte in der Nähe der Mühle
„In der Riede“ nordwestlich der Mühle lebten um 1850 für einige Zeit in einer Notbehausung die Geschwister Frederichs aus Marren, die später als „Jan Carls Bande“ in die Linderner Geschichte eingehen sollten. Auch Stühlenfeld östlich der Löninger Straße blieb bis 1900 mit sechs Hofstellen, die sämtlich zwischen 1800 und 1830 entstanden, dünn besiedelt. Die Linderner Windmühle, die für ihre Besitzer nicht immer ertragreich war, wurde 1812 von einem Mühlenverband errichtet, an dem der Linderner Vogt Koldemeyer, die Kaufleute Remmers und Hagen sowie der Besitzer der Ginger Wassermühle, Caspar Möller, beteiligt waren. Letzterer trat zeitweise auch als Pächter und Betreiber auf. Die Familie Remmers (später Schute, Vreeeser Straße)verließ die Gesellschaft bis Mitte des Jahrhunderts. Ihren Anteil übernahm der Pächter Möller. Der Anteil des Vogts Koldemeyer ging nach dessen Tod 1854 auf seinen Schwiegersohn Ludwig Bruns über. Er entstammte einer Familie von Bäckern und Müllern, die seit Anfang des 19. Jahrhunderts die Ahmsener Mühle bewirtschaftete.
Im Zuge der Linderner Markenteilung konnte er ein Grundstück „bei der Windmühle“ erwerben, auf dem er 1857 einen Backspeicher errichten ließ. Als Pächter ist 1870 Wessel Ostermann aus Peheim aktenkundig, der in diesem Jahr ein Müllerhaus errichten ließ. Sämtliche Gebäude inclusive der Mühle gingen 1877 in den Besitz der Familie Hermeling aus Lindern über. Die Mühle wurde vermutlich bis Ende des 19.Jahrhunderts bewirtschaftet und 1922 mit den übrigen Gebäuden schließlich abgebrochen. Hermelings Sohn Wilhelm hatte schon 1905 die Mühle in Liener erworben, die heute noch als Denkmal zu besichtigen ist.
Am Standort der Linderner Mühle errichtete 1958 die „Dämpfgenossenschaft Lindern“ eine Kartoffeldämpfanlage, in deren Nachbarschaft sich 1962 die Landhandelsfirma Remmers ansiedelte. Heute befinden sich auf dem Gelände Firmen der Familien Remmers, darunter auch eine Tischlerei. Die Dämpfanlage, die zuletzt als Wohnhaus diente, wurde abgebrochen.