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„Ein Kreuz, an dem man sich festhalten kann“

Heute: Stephan Kosiol aus Damme. Südoldenburger und ihre Gedanken zu Kreuz und Christentum: Das ist der Stoff der Serie „Mut zum Kreuz“.

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Seit 2010 begleitet Stephan Kosiol, Palliativmediziner des Palliativstützpunktes am Dammer Krankenhaus, Sterbenskranke in ihrer letzten Lebensphase. Der 57-jährige, der in Lohne aufwuchs, stellt ein kleines Kreuz aus Olivenholz vor, das vielen seiner Patienten Halt gibt.

„Für viele unserer Patienten ist das Kreuz ein Symbol, in dem sie tief verwurzelt sind. Vor einiger Zeit haben wir in unserem Team überlegt, wie wir dies in unserer Arbeit auffangen könnten. Jemand hatte die Idee, kleine Kreuze aus Olivenholz anfertigen zu lassen. Man kann die weiche Form in der Hand ertasten. Und manchmal spüre ich in bestimmten Gesprächssituationen, dass etwas, an dem der Patient sich festhalten könnte, sinnvoll ist. Das muss nicht unbedingt das Kreuz sein, es gibt es auch andere Formen, die wir den Patienten zur Verfügung stellen können, zum Beispiel Engel.

Die Arbeit als Palliativmediziner ist für mich die schönste Tätigkeit, die ich in meinem Leben ausgeübt habe. Ich bin froh, dass ich den Menschen viel von ihrem Leiden nehmen kann. Es sind nicht nur rein medizinische Dinge, die dabei eine Rolle spielen, sondern zu etwa 80 Prozent Gespräche, vor allem auch mit den Angehörigen. Sie haben häufig Angst, etwas falsch zu machen. Dabei machen die meisten einen Superjob! Ich versuche, ihnen klar zu machen, dass ich ihre Probleme sehe und verstehe und kann Lösungsmöglichkeiten anbieten. Ich signalisiere ihnen, dass sie ihren Angehörigen einen unschätzbaren letzten Dienst erweisen.

Es kommt durchaus vor, dass Patienten mich zu religiösen Themen befragen. Da geht es häufig um Sinnfragen, also: Warum ich? Ich hab doch in meinem Leben nichts Böses getan! Ich glaube, die Kirche, so wie sie früher war, ist nicht unschuldig daran, dass heute viele ältere Menschen eine Erkrankung als Strafe Gottes empfinden. Eine Patientin die allerstärkste Schmerzen hatte und Medikamente zur Linderung ablehnte, hörte ich plötzlich monoton vor sich hin murmeln: Trag dein Kreuzlein still und froh, denn der Heiland will es so. Das war für mich sehr bitter.

Falls ich selbst einmal in einer solchen Situation sein sollte, brauche ich vermutlich nicht das Symbol des Kreuzes. Für mich ist das Kreuz ein Herrschaftssymbol im römischen Reich. Damals konnte der Gesetzgeber eine Kreuzigung veranlassen. Und was wäre, wenn Jesus Christus heute, vielleicht auf einem elektrischen Stuhl, hingerichtet würde? Oft schon wurde das Symbol des Kreuzes für politische Zwecke missbraucht. Das hat für mich einen eher negativen Beigeschmack. Mir gefällt das Symbol des Fisches, um sich als Christ kenntlich zu machen, besser. Viele der Jünger Christi waren ja auch Fischer.“

Fakten

  • 13. September: Faiza Kandil aus Quakenbrück.
  • „Mut zum Kreuz!“ ist ein Projekt der Kardinal-von-Galen Stiftung Burg Dinklage, der OV und der Münsterländischen Tageszeitung in Cloppenburg.
  • Anlass für das Projekt sind der 70. Todestag des Seligen Clemens August Kardinal von Galen im März 2016 und die Rückschau auf den Kreuzkampf im Oldenburger Münsterland vor 80 Jahren.
  • Der 1878 auf Burg Dinklage geborene Kardinal predigte gegen die Euthanasie-Morde der Nazis. Im Kreuzkampf protestierten 1936 Südoldenburger öffentlich und mit Erfolg gegen die von den Nazis angeordnete Entfernung der Kreuze aus katholischen Konfessionsschulen.
  • Ab dem 18. September findet eine Ausstellung auf Burg Dinklage statt.
  • Im November erscheint ein Buch zum Thema.
  • „Mut zum Kreuz!“ wird unterstützt von der LzO und der CEWE-Gruppe in Oldenburg.

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