Dr. Eva-Maria Ameskamp vom Archiv der Heimatbibliothek für das Oldenburger Münsterland ist der Einladung des Linderner Heimatvereins gefolgt und hat die anwesenden Gäste über die Fundstücke aus der Ratsklause berichtet. Die Ratsklause befindet sich in Linderns Ortsmitte, direkt an der Kirche von St. Katharina von Siena. Mehr als 30 Frauen und Männer waren ganz Ohr, was es mit den dort gefundenen Archivalien auf sich hat.
"Bei den Abbrucharbeiten von Teilen der Ratsklause aus dem Jahre 2019 sind auf dem Dachboden des Nebengebäudes wertvolle Dokumente gefunden worden“, sagte Eva-Maria Ameskamp. Gertrud Gerdes habe diese zunächst gesichtet. Danach lagerten die Linderner die historischen Dokumente in Holzkisten um und überführten diese später in die Heimatbibliothek für das Oldenburger Münsterland in Vechta.
Dort seien die Archivalien dann verschiedenen Themen zugeordnet worden, zum Beispiel Finanzen und Immobilien, so Ameskamp. "Danach haben wir die Dokumente gesichert, indem wir sie in säurefreien Mappen und Kartons eingelagert haben. Die Archivalien aus Lindern stammen von den Familien Remmers und Dröge sowie Rave und Wienken aus den Jahren 1700 bis 1900", berichtete die Volkskundlerin.
Die meisten Dokumente fallen ins frühe 19. Jahrhundert
Zwischen Handel, Gastwirtschaft, Verwaltung und Kirche spielte sich das Leben der Familien ab. Die meisten Dokumente fallen dabei in die Zeit des frühen 19. Jahrhunderts. So habe zum Beispiel Bernd Anton Remmers zur damaligen Zeit die Krug-Wirtschaft in Lindern gepachtet und dafür die notwendige Konzession erhalten, berichtete Eva-Maria Ameskamp. Eines der Dokumente sei ein Beleg dafür.
Sohn Diedrich Anton führte die Gastwirtschaft nach Remmers' Tod fort. Der Junior sei ein umtriebiger Mann gewesen, der für die Geschichte seines Kirchspiels eine große Rolle eingenommen habe. Denn er sei nicht nur Gastwirt, Branntweinbrenner und Händler gewesen, sondern auch Beigeordneter des Kirchspielvogtes, Bonitätsprüfer, Grenzzollaufseher und Kirchenprovisor, erklärte Ameskamp.
Inventare erlaubten einen tiefen Einblick in die Einrichtung der Häuser. Unterlagen des Grenzzolls zeugten von der früheren Nähe Linderns zum hannoverischen "Ausland", so Ameskamp. In die Zeit der Gemeindevorsteher und Kirchenprovisoren der Familie Remmers fiel zudem der 1863 fertiggestellte Neubau der St.-Katharina-Kirche.
Der Weg in die Nachbargemeinden war weit
"Ein Briefentwurf aus dem Jahre 1827 berichtet zudem von dem Wunsch der Linderner, jährlich drei Jahrmärkte abhalten zu dürfen, wie es auch in den Nachbarkirchspielen üblich gewesen sei", sagte Eva-Maria Ameskamp. Die Wege von Lindern zu den bestehenden Märkten in Essen, Löningen, Lastrup und Cloppenburg hätten 2 bis 4 Stunden in Anspruch genommen. Der Markt in Werlte sei zwar nur eine Stunde entfernt gewesen, aber man hätte dafür Zoll bezahlen müssen.
Werlte befand sich 1827 bereits im "Ausland", weshalb grundsätzlich für Warentransporte Zölle bezahlt werden, mussten. Die Vieh- und Kramermärkte sollten jeweils donnerstags stattfinden, und zwar nach Ostern sowie im August und im November zu den Feiertagen der Heiligen Laurentius und Martin.