Tom (Felix Theissen) präsentiert ein Modell der "Venus von Willendorf" - einer "prähistorischen Heidi Klum". Foto: Heinzel
Tom kommt nach Hause und findet seine Sachen im Freien und die Haustür verschlossen vor. Er trägt einen Bademantel über Unterhemd und Jeans, an seinen Füßen Adiletten. Gleichzeitig telefoniert er mit seiner Frau und weiß nicht, was er falsch gemacht hat. Und als er sagt: „Hochzeitstag? Wer hat heute Hochzeitstag?“ ist die Verbindung weg.
Es ist der Beginn einer herausragenden One-Man-Show, in der Felix Theissen als Tom das Publikum in seinen Bann zieht und dessen Zwerchfell einer Belastungsprobe unterzieht. Das Stück „Caveman. Du sammeln. Ich jagen!“ wurde jetzt im Vechtaer Metropol-Theater aufgeführt. Die Inszenierung von Esther Schweins mit ihrem trockenen Humor und provokanten Aussagen, wie „Frauen werden beim Streiten nicht durch Logik behindert“ sorgte für einen kurzweiligen Abend, den das Publikum mit starkem, lang anhaltendem Applaus honorierte.
In "Caveman" geht es um den Unterschied zwischen Männern und Frauen - und zwar aus der Sicht von Tom. Dazu zitiert der Protagonist seine Frau Heike: „Du bist grob und rücksichtslos wie ein Neandertaler.“ Dabei sieht Tom den Neandertaler ganz anders. Für ihn war er in Wirklichkeit ein „Beschützer, der die Frauen verehrte“. Er macht dies an der „Venus von Willendorf“ fest. Mit ihr habe der Neandertaler eine schwangere Frau porträtiert - „den Inbegriff der Weiblichkeit, sozusagen eine prähistorische Heidi Klum“. Anhand einer Höhlenmalerei in Lascaux verdeutlicht er anschließend den männlichen Gegenpart. Kurz: Männer waren Jäger und Frauen Sammler. Dann trinkt er eine Flasche Gin, legt sich schlafen, und ihm erscheint sein Vorfahr - der Neandertaler. Tom wird klar, dass es zwei Lagerfeuer gibt und fragt sich: Warum betrachten wir Männer und Frauen nicht als zwei völlig unterschiedliche Kulturen? Mit verschiedenen Sprachen, Verhaltensweisen und verschiedener Herkunft.
Im Traum erscheint Tom sein Vorfahre, der Neandertaler, und ihm wird einiges klar - es gibt zwei Lagerfeuer. Allle Männer sind Jäger und Frauen Sammler. Foto: Heinzel
Kostüm und Bühnenbild offenbaren die Klischees
Genau diese Hypothese demonstriert er anhand verschiedener Beispiele, wie einem Männer- oder Frauenabend sowie dem Einkaufs- und Fernsehverhalten. Männer seien kompetitiv, schweigsam und könnten sich nur auf eine Sache konzentrieren. Frauen hingegen seien redselig und kooperativ sowie in Details verliebt. Beide verfügten über unterschiedliche Problemlösungsstrategien, wobei Frauen „Umwege denken können und flexibel sind“, Männer hingegen hätten da einen gewissen Tunnelblick in Richtung Ziel. So kommt er zu dem Schluss: „Das eigentliche Problem: gemischte Abende.“
Kostüm und Bühnenbild drücken bereits aus, dass die Inszenierung mit Klischees spielt und diese auf die Spitze treibt. Gestik, Mimik und Tonalität von Felix Theissen sind hervorragend abgestimmt. Souverän und locker spielt er Tom, aber nicht nur: Ist er in einer Sekunde noch Tom, dann grunzt er in der nächsten als Neandertaler, um direkt danach eine Frau darzustellen und ihre Perspektive zum Besten zu geben. Es ist ein dynamisches Stück mit geballter Klischeepower, welches von der intensiven und eindrücklichen Spielweise Felix Theissens lebt, wofür er auch viel Applaus bekam.
Die weibliche Sicht präsentierte Ramona Krönke bereits vor 4 Jahren erfolgreich im Metropol-Theater. Wie bei "Cavewoman" handelt es sich bei "Caveman" um solide und humorvolle Comedy, die nicht auf Selbstironie verzichtet. Es ist keinesfalls Frauenbashing, denn Männer kriegen genauso ihr Fett weg. Den Reaktionen im Publikum ist jedenfalls anzumerken, dass in den Beobachtungen ein wahrer Kern steckt, und so bot die Aufführung auch genug Gesprächsstoff für den Abend danach.
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